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Sex-Flatrate gegen die Krise

Mit einer Flatrate kämpft der "Pussy Club" gegen die Wirtschaftskrise an: Sex, Essen und Trinken nach Lust und Laune für 70 Euro - die Ehefrau kann zum selben Preis mitkommen.

Das Angebot soll in finanziell schwierigen Zeiten Freier in das Bordell in der Nähe des Berliner Flughafens Schönefeld locken. Denn die Krise ist auch beim Geschäft mit dem Sex angekommen – spürbar, wenngleich niemand darüber Statistik führt.

Im “Belle Escort” im Zentrum der deutschen Hauptstadt macht sich die Krise ebenfalls bemerkbar. “Uns geht’s gar nicht gut”, sagt Inhaberin Isabelle. “Wir haben etwa 20 Prozent weniger Kunden.” Mindestens 320 Euro kostet die Stunde in ihrem Etablissement, an diesen Preisen will Isabelle trotz der Krise festhalten: “Preissenkungen werden nicht gemacht. Wir legen Wert auf Hygiene. Und außerdem wollen wir unseren Ruf bewahren.” In Frankfurt musste zu Jahresbeginn das älteste Bordell der Stadt, die “FKK-Oase Sudfass”, nach 37 Jahren schließen.

Wie stark die Sexindustrie von der Wirtschaftskrise betroffen ist, lässt sich allerdings nicht mit Zahlen messen. Es gebe keine konkreten Daten, sagt Barbara Kavemann vom Sozialwissenschaftlichen Frauenforschungsinstitut Berlin. “Zum einen müssen sich Prostituierte nicht registrieren lassen – und zum anderen: Wie definiert man, wer eine Prostituierte ist?”

Sozialarbeiterin Monika Heitmann, die seit mehr als 20 Jahren mit Prostituierten in Bremen arbeitet, kann auch keine Zahlen liefern. Dass Prostituierte aber unter der wirtschaftlichen Lage leiden, ist für sie eindeutig. “Wenn Leute sich nicht mal ein Auto oder ein Haus leisten können, dann können wir auch nicht erwarten, dass sie Geld für Sex ausgeben.”

Mit dem Geschäft sei es für die Frauen über Jahrzehnte beständig bergab gegangen. “Vor 30 Jahren war alles anders. Viele Prostituierte waren mit Herzblut dabei. Heutzutage spreizen viele einfach die Beine, wenn sie knapp bei Kasse sind.” Freier nutzten die Konkurrenz und die Wirtschaftskrise aus: “Die Männer verlangen mehr, wollen aber weniger dafür bezahlen. Dann üben sie Druck aus und drohen sogar.”

In der Hoffnung auf mehr Geld gehen viele der Frauen von den Clubs weg und auf den Straßenstrich, wo sie auf eigene Rechnung arbeiten. Freier meiden immer häufiger teure Bordelle und kaufen sich Sex an der Straßenecke.

Pornoindustrie und Sexshops bekommen die Krise ebenfalls zu spüren. Wie die Banken und Autoindustrie riefen sie im Jänner nach staatlicher Hilfe. “Wirtschaftliche Hilfe wäre sinnvoll”, sagte Uwe Kaltenberg vom Bundesverband Erotik Handel e.V. Auf staatliche Abhilfe hofft er jedoch kaum: Für Bundeskanzlerin Angela Merkel mache es sich im Wahljahr besser, Opel zu unterstützen als Steuergeld in seiner Branche zu investieren.

“Staatliche Fördergelder wären natürlich ganz nett”, sagt Bordellbesitzerin Isabelle zu dem Appell. Sie verfolgt eine andere Strategie: “Uns bleibt nur eines – Hoffen und Daumen drücken, dass die Lage sich bessert.”

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