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Seelsorger am Krankenbett

(VN) Krankenhausseelsorge boomt jenseits religiöser Begrenzung.

Sein Vorbild heißt Dietrich Bonhoeffer. Musikalisch setzt Johannes Heil in Seminaren mit Mikis Theodorakis Kontrapunkte. Beide sind kämpferische Geister, der protestantische Theologe, den die Nazis ermordet haben, und der griechische Musiker und Politiker. Mit dem Krankenhausseelsorger Johannes Heil brächte man beide auf Anhieb kaum in Verbindung. Wie er so dasitzt vor seinen Büchern, die CD spielt leise Mozart – ein Bild stimmiger Gemütlichkeit.

Oft erntet er Erschrecken

Dabei kümmert sich der gebürtige Schweizer mit seinem 17-köpfigen Team in Bregenz um Kranke und Sterbende. Klopft an Krankenzimmertüren, hinter denen ihn oft genug erschreckte Blicke erwarten: Was, der Herr Pfarrer? Soweit ist es schon? Nein, beruhigt er dann und lässt die Worte eine Spur langsamer fallen, nein, er ist Diakon und kein Pfarrer, „und Sie sind noch sehr lebendig“.

Viele schätzen seine Besuche. Manche weisen ihm die Tür. So ist halt der Seelsorgealltag. Rasend gemütlich klingt das nicht. Aber deshalb hat er den Beruf auch nicht gewählt. Wollte ja überhaupt eigentlich Schauspieler werden. Hat das jugendliche Gehirn mit allerlei Geschichten vollgestopft, vom Emil und seinen Detektiven bis zu Hesse und Brecht, „je dramatischer, umso lieber“. Und doch blieb die Bühne ein Traum, nicht zuletzt, weil die Eltern das als „einen Floh“ abtaten.
Johannes Heil hat dann nicht studiert nach Abschluss der Toggenburger Internatsschule, sondern sich als Spengler versucht und später als Verkäufer bei der Migros. Ließ gewerkschaftliches Engagement erkennen und „flog fristlos“ raus. Und nahm sich mit 22 Jahren endlich vor, doch noch etwas Vernünftiges zu tun. Aber was?

Krankheit und Tod

Da nimmt sich der Zufall seiner an und führt ihm drei Menschen über den Weg, die alle in der Krankenpflege arbeiten. Das fasziniert ihn. Johannes Heil geht nach Basel, absolviert ein Praktikum und landet in einer Abteilung, in der „95 Prozent unserer Patienten in überschaubaren Zeiträumen gestorben sind“. Eine junge Krebspatientin hat ihm damals die Angst genommen. „Ich seh sie noch vor mir, wie sie auf die Station gekommen ist. Wir dachten uns alle: Was will denn die hier? So gesund sah sie aus.“ Aber ihre Krankenakte verriet, dass ihr nur noch wenige Wochen blieben. „Ich hab sie begleitet, und sie hat mir ungeheuer Mut gemacht.“

Später hat sich Johannes Heil mit dem großen eidgenössischen Glaubenskurs in der Tasche in Salzburg zum Diakon ausbilden lassen und arbeitet nun seit 21 Jahren als Krankenhausseelsorger in Bregenz. Das tut er noch immer gern. Er liebt die Begegnung „mit Menschen in ihrem Fragen und Suchen“. Als Seelsorger werde er „irrsinnig beschenkt und darf auch selber viel geben“. Ärzte und Pfleger suchen gleichermaßen bei ihm Auszeit. Manche Ärzte pflegen ein gemeinsames Morgengebet in Bregenz. Johannes Heil aber bietet allen Gespräche und Betreuung an, ganz gleich, welcher Religion sie angehören. Denn „das Bedürfnis nach sakramentaler Seelsorge lässt zwar nach, aber die ganzheitliche Seelsorge nimmt rapide zu“.

ZUR PERSON

Johannes Heil
arbeitet seit über 20 Jahren als Diakon in der Krankenhausseelsorge
Geboren: 1954 in Winterthur
Ausbildung: Großer Glaubenskurs und Krankenpflege
Laufbahn: Krankenpflege in Basel, Spitalsseelsorge in Bregenz
Familie: verheiratet, „zwei wunderbare Kinder“

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