Kühe sind unberechenbar, meint Gerald Domenig. Trotzdem hat der gebürtige Villacher sie eingefangen: Als Teil einer “vollen Wand” im Untergeschoß der Wiener Secession ist ein Tier zu sehen, schwarz-weiß abgelichtet und inmitten etlicher andere Bilder. “Aus extremer Kompliziertheit Komplexität zu machen”, sei das Ziel gewesen, verriet der Künstler. Form, Struktur, Bewegung fließen hier zusammen.
Bei Domenig verschwimmen damit Fotografie und skulpturaler Ansatz, wird “im Flachen ein Raum simuliert und umgekehrt”, wie er am Rande der Pressekonferenz am Mittwoch im APA-Gespräch betonte. “Fotos sind auch Objekte”, bezog er sich etwa auf einzelne gekrümmt aufgestellte Bilder. Ganz zentral in seiner “vollen Wand” hat er den Buchstaben Z platziert, nicht zuletzt ein um die Ecke gedachter, sprachlicher Bezug zur Secession. Auf der gegenüberliegenden Seite ist es wiederum eine geordnete Reihe mit Naturansichten, meist klar definierte Ausschnitte, die einen Gegenpart bilden. Der räumliche Bezug wird durch ein wie beiläufig platziertes Fahrrad mit Kamera erweitert.
Der mittlerweile in Frankfurt ansässige Domenig hat mit der Schau “Awaragaude?” gezielt auf die Gegebenheit vor Ort reagiert – teils sogar durch Zufälle. So seien etwa bei der Hängung an den Ecken der Räume Teile von Secession-Klebebändern gewesen, die er nicht abnehmen ließ. “Das ist eine Irritation und damit ein Aufmerksamkeitsverstärker”, meinte der Fotograf, der sich auch intensiv mit Zeichnungen und Texten beschäftigt. Für die meist mit Gläsern oder Häferln arbeitenden Stillleben oder seine architektonischen Zugänge fungieren die Klebestreifen wie “Anführungszeichen: Was hängt, wird damit lesbar, es ist eine Linie.”
Oliver-Laric-Ausstellung im Hauptraum der Secession
Im Hauptraum des Hauses haben es sich unterdessen die Skulpturen von Oliver Laric bequem gemacht: Der Innsbrucker, der in Berlin seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt hat, schuf hier eine geradezu klassisch anmutenden Skulpturengarten, mit viel Platz zwischen den einzelnen Positionen, die oft in strahlendem Weiß erscheinen. Was bei “Photoplastik” eventuell bekannt anmutet, ist es auch: Schließlich hat Laric Kunstwerke aus der Albertina, dem Kunsthistorischen Museum oder dem Institut für Klassische Archäologie der Universität Wien gescannt und mittels 3D-Drucker reproduziert – teils ziemlich originalgetreu, teils spürbar verändert.
So sieht man etwa zwei Hermes-Figuren, die sich die Sandalen binden und unterschiedliche Epochen abdecken. Oder einen 2,60 Meter hohen Beethoven, der die Raummitte beherrscht. Das Original von Max Klinger wurde bereits 1902 in der Secession präsentiert. Und schließlich finden die Arbeiten von Laric auch ihren Widerhall im World Wide Web, hat er doch die Daten seiner Scans – sofern gemeinfrei und urheberrechtlich unbedenklich – auf der Webseite threedscans.com zum Download und damit der weiteren Verwendung bereitgestellt. “Das Wiedereinbringen von Hochkultur in digitale Welten ist ja vielleicht so schlecht auch nicht”, bemerkte Kuratorin Bettina Spörr.
Abgerundet wird das Ausstellungstriple von James Lee Byars: Mit “Perfect Moments” findet sich im Kabinett ein “Ideenaustausch mit Gerhard Johann Lischka”, der als Hommage an den US-amerikanischen Künstler die Korrespondenz zwischen den beiden darlegt. Verschnörkelte, oft an Stichmuster gemahnende Schriften finden sich hier auf Postkarten ebenso wie meterlangem Seidenpapier, mal simpel an der Wand befestigt, dann wieder als reduzierte Menschenfigur zu erkennen. “Er war immer die Inkarnation seiner Kunst selbst”, erzählte Lischka über seinen 1997 in Kairo verstorbenen Kollegen. Diese perfekten Momente zeugen jedenfalls von einem vielschichtigem Zugang.
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