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Schweizer Versicherungen droht ebenfalls Druck

©AP
Nach den Banken könnten nun auch die Schweizer Versicherungen unter Druck aus dem Ausland geraten, meinen Experten. Die Versicherer selbst haben aber keine Angst vor ausländischen Steuerfahndern:

Wenn vermögende Ausländer Geld in Vorsorgeprodukten anlegen und so Steuern sparen, handeln sie legal, betonen die großen Anbieter. Das Versicherungsgeheimnis werde trotzdem in die Kritik geraten, sagen Experten.

Viel Geld fließt im Moment von Bankkonten in Lebensversicherungen. Wohlhabende Kunden im Ausland schätzen besonders maßgeschneiderte vermögensgebundene Polizzen: Nicht nur sind bei den Versicherern die Anlagerisiken berechenbarer, es bieten sich auch steuerliche Vorteile. Nach dem Gezerre um das Bankgeheimnis steigt deswegen aber auch der Argwohn ausländischer Steuerämter.

Die großen Versicherer Swiss Life, Zurich und Baloise betonten, dass ihre Produkte absolut legal seien. Sie hätten das OK der Länder, in denen sie angeboten würden, so Baloise-Sprecher Philipp Senn: “Alles andere hätte kurze Beine.” Auch Swiss Life und Zurich prüfen laufend, ob ihre Produkte ausländischen Gesetzen genügen.

Die Versicherungsummantelung von Privatvermögen wird über ausländische Stützpunkte angeboten, weil in der EU von der Schweiz aus keine Lebensversicherungsprodukte angeboten werden dürfen: So verkauft zum Beispiel die Swiss Life von Luxemburg, Liechtenstein und Singapur aus über Privatbanken, Vermögensverwalter, Broker oder Anwaltskanzleien ihre Polizzen.

Die einmal einbezahlte Prämie legt die Versicherung bei einem Vermögensverwalter an, der Kunde bestimmt die Strategie. Der Versicherungsanbieter wird rechtlicher Eigentümer der Vermögenseinlagen und der Name des Versicherten taucht bei den Kontodaten nicht auf.

Dieses Geschäft brummt: Baloise-Chef Martin Strobel hat kürzlich betont, dass im Zuge der italienischen Steueramnestie beträchtliche Summen von den Banken gekommen seien. Zurich hat 2009 186 Mio. Dollar (137,9 Mio. Euro) Neugeschäft verbucht, Swiss Life zeigt sich mit dem Geschäftsverlauf ebenfalls sehr zufrieden.

Laut dem Finanzexperten Andreas Missbach von der Entwicklungsorganisation Erklärung von Bern sind die “Versicherungsmäntel” tatsächlich eine legale Umgehungsmöglichkeit für Steuern. Das sei aber kein Grund, dass ausländische Regierungen nicht aktiv würden. Die Schweiz werde schnell wieder im Zentrum internationaler Kritik stehen. “Die ausländischen Gesetzgeber sind nicht davon ausgegangen, dass diese Steuerbefreiung systematisch und im großen Stil zur Steuervermeidung genutzt wird”, warnt Missbach.

Für die Anbieter von Lebensversicherungen bestehe gar ein Risiko, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ins Visier zu geraten, sagt Thomas Brotzer, Steuerexperte des Wirtschaftprüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young: “Die Schweizer Versicherer fragen ihre ausländischen Kunden konsequent, ob diese ihre Steuern deklariert haben, sie können es aber nicht überprüfen.”

Brotzer erwartet, dass um das Versicherungsgeheimnis eine ähnliche Diskussion entstehen wird wie um das Bankgeheimnis: “Nachdem der Druck aus dem Ausland mehr Transparenz bei Banken und Stiftungen gebracht hat, wollen die Regierungen auch mehr Transparenz bei Trusts und Versicherungen.” Damit steige der Druck auf den Schweizer Finanzplatz, aber auch Liechtenstein oder Luxemburg.

Ein weiteres Risiko bestehe wegen rückwirkender Steuergesetzgebung, wie sie zum Beispiel Deutschland – ein wichtiger Markt für Schweizer Versicherer – kennt. Die Schweizer Versicherer müssten ihre Kunden sehr genau auf solche Risiken hinweisen, sagt Brotzer.

In den Konzernzentralen ist dies noch kein Grund zur Beunruhigung: Baloise und Zurich sehen der Situation gelassen entgegen. Die Staaten hätten grundsätzlich ein Interesse, dass ihre Bürger Vorsorge betrieben, argumentieren sie. Die Swiss Life gehe davon aus, dass die Regulierungen im Bereich der Lebensversicherungen eher verschärft würden, sagt Sprecherin Irene Fischbach. Das sei aber ganz im Sinne des Konzerns, denn sie würden Unsicherheiten reduzieren und die Gefahr überraschender politischer Eingriffe bannen.

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