Schweizer Christdemokraten in der Zwickmühle
Nach ihren Verlusten bei den Parlamentswahlen ist sie sich noch nicht schlüssig über ihr weiteres Vorgehen in der Frage des von der rechtskonservativen Volkspartei (SVP) beanspruchten zweiten Regierungssitzes. Doch der Druck auf die Christdemokraten nimmt zu: Für die Wahlsiegerin SVP ist eine Abwahl nicht ausgeschlossen, wenn einer der beiden CVP-Bundesräte – Wirtschaftsminister Joseph Deiss oder Justizministerin Ruth Metzler – nicht friwillig zurücktreten sollte.
In der CVP-Zentrale hält man sich derzeit bedeckt. In der kommenden Woche finde eine Fraktionssitzung statt, sagte Parteisprecherin Beatrice Wertli. Bundesrat Deiss sagte bei der Vorstellung der von seinem Ressort mitlancierten Initiative „Swiss Biotech“, die politische Landschaft habe sich verändert, die Herausforderungen seien aber dieselben. Darum sei Sachpolitik angebracht.
Die SVP gab die Losung aus: Der Anspruch auf den zweiten Bundesratssitz der CVP bestehe nicht mehr. Ihr Argument, eine Abwahl von Bisherigen widerspreche der Würde, steche nicht mehr, sagte SVP-Sprecher Yves Bichsel. Wenn die CVP nicht freiwillig merke, dass ihre Zeit abgelaufen sei, rücke eine Abwahl in den Bereich des Möglichen. Anstelle eines Freisinnigen einen SVP-Vertreter zum Nachfolger des zurücktretenden Finanzministers Kaspar Villiger zu wählen, komme nicht in Frage. Die Parteien müssten ihrer Stärke entsprechend in der Regierung vertreten sein.
Die SVP macht ihre weitere Regierungsbeteiligung davon abhängig, dass ihr Spitzenkandidat Christoph Blocher in den Bundesrat gewählt wird. Der ehemalige CVP-Präsident Ständerat Carlo Schmid sagte in einem Interview mit der „Neuen Luzerner Zeitung“, er würde es als „absoluten Fehler ansehen, Blocher dieses Mal nicht zu wählen“. Die SVP habe gewonnen. Eine solche Bewegung könne man nicht ausklammern, sonst gebe es „eine riesige Frustration“. Es sei für ihn Zeit, „offen zu sagen: Blocher muss in den Bundesrat gewählt werden“. Allerdings nicht unbedingt auf Kosten seiner CVP, fuhr Schmid fort. Keine Partei sei „aufgerufen, freiwillig ihre Position zu räumen“. Es sei anzunehmen, dass sich die Bundesversammlung (National- und Ständerat) bei der Wahl des neuen Bundesrates, der siebenköpfigen Kollegialregierung, am 10. Dezember eher „dem Stärkeren zuwendet“.
Rein arithmetisch sei die CVP die schwächste Regierungspartei, sagte Schmid. Aber die FDP (Freisinnig-Demokratische Partei) mit ihren sieben Mandatsverlusten sei mit ihrer bevorstehenden Vakanz durch Kaspar Villiger auch nicht in einer komfortablen Situation. Es wäre auch die „Monocolore-Variante“ mit 3 SVP-, 2 FDP- und 2 CVP-Bundesräten – ohne Sozialdemokraten (SP) – denkbar. Ob ein Rausschmiss der SP allerdings „schlau ist“, sei die Frage. Schmid gibt einem rein bürgerlichen Bundesrat wenig Chancen. In einer direkten Demokratie korrigiere der Souverän „solch einseitige Konstellationen schnell – mit dem Stimm-, nicht mit dem Wahlzettel“.
Die „Zauberformel“ (2:2:2:1), nach welcher die Schweiz seit viereinhalb Jahrzehnten regiert wird, legt die Zusammensetzung des Bundesrats fest (zwei Freisinnige, zwei Sozialdemokraten, zwei Christdemokraten und ein SVP-Vertreter). Christdemokraten und Freisinnige haben bei den Wahlen vom vergangenen Sonntag schwere Verluste erlitten.
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