Zu sehen ist darauf eine verhüllte Frau vor einer von Minaretten durchstochenen Schweizer Flagge. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) setzt sich nicht für ein Verbot ein, findet das Motiv aber höchst bedenklich und sieht es als Diffamierung für die Muslime im Land. Es könne den öffentlichen Frieden gefährden, so das Verdikt. Abgestimmt wird am 29. November.
In der Eidgenossenschaft scheint sich ein schon beinahe typischer Abstimmungskampf in Sachen Toleranz zu etablieren: Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat die Initiative nicht selbst lanciert, stellt aber namhafte Vertreter und tritt mit einigen rechten Organisationen im Kielwasser für die Vorlage ein. Derzeit gibt es in der Schweiz vier Minarette.
Nationalrat Walter Wobmann (SVP), zugleich Präsident des Initiativ-Komitees gegen Minarette, rechnete bei der Parteidelegiertenversammlung vom Samstag in Genf vor: “Wenn wir die Scharia verhindern wollen, müssen wir den Bau von Minaretten verbieten.” Eine namentlich nicht genannte Delegierte befürchtet gar die “Eliminierung des Christentums” .
Das Strickmuster dahinter ist einfach, doch ob es den Tatsachen entspricht, bleibt dahingestellt: So sei das Schreckgespenst des Muezzins, der in der Schweiz vom Minarett aus zum Gebet ruft, nicht realistisch. Auch die Ablehnung eines “absoluten Minarettverbots” würde nichts daran ändern, dass jedes einzelne Bauprojekt eine Bewilligung brauche, schrieb die angesehene “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) am Mittwoch und sprach der Initiative für ein Verbot des Minarettbaus “an sich” eine “eher nur geringe konkrete Bedeutung” zu. Stattdessen hätten es die Verfechter “ausdrücklich auf ein politisches Zeichen abgesehen.”
Laut dem eher links orientierten “Tagesanzeiger” dürfte das Abstimmungsresultat eher knapp werden: 51 Prozent lehnten die Anti-Minarett-Initiative derzeit ab, nur 35 Prozent stimmten ihr zu, ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts “Isopublic” im Auftrag des Blatts.
Auch die Schweizerische Volkspartei steht nicht völlig geschlossen hinter der Anti-Minarett-Initiative. Vereinzelt regen sich Andersdenkende, und Parteichef Toni Brunner stellte gegenüber Pressevertretern zumindest klar: “Die SVP gibt kein Geld” .
Verschiedene Schweizer Städte haben bereits festgehalten, das Abstimmungsplakat auf öffentlichem Grund zu verbieten, darunter Basel und Lausanne. Genf und St. Gallen hingegen sehen es anders. “Unsere Aufgabe ist es nicht, zu entscheiden, ob die Vorlage schlau ist” , kommentierte der St. Galler Medienchef Urs Weishaupt den Entscheid der Behörde. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (“EKR”) hielt denn neben der heftigen Kritik auch fest, die Plakate seien legal.
Andere Städte machten ihre Entscheidung vom Bescheid der “EKR” abhängig. “EKR”-Präsident Georg Kreis unterstrich am Mittwoch in einem Interview: “Momentan ist nicht der Islam, sondern die SVP mit ihrer Kampagne eine Gefahr für die Schweiz.”
Einige Verlagshäuser haben ebenfalls den Verzicht auf Anti-Minarett-Inserate bekanntgegeben. Der Medienkonzern Ringier, der unter anderem das Boulevardblatt “Blick” herausgibt, gehört dazu. Tamedia will es ihren dazugehörigen Verlagen offen lassen. Dazu gehört der “Tagesanzeiger”: Er will das Inserat nicht publizieren. Das reichweitenstärkste Schweizer Blatt, die Pendlerzeitung “20 Minuten” aus dem gleichen Haus, offenbar auch nicht.
Was klar erscheint, hat der bekannte Schweizer Soziologe Kurt Imhof in einem Interview unterstrichen: “Ich finde, das Plakat schadet der Schweiz. Es wird weltweit Karriere machen, genau so wie ein ähnliches Plakat gegen Minarette, das die FPÖ in Vorarlberg aufhängte”. Dieses sei international sehr schlecht angekommen.
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