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Schwarz auf Weiß

"Vielleicht werde ich ja angenehm überrascht", sagt Günter Wallraff, während ihm in dicken Schichten dunkelbraune Farbe ins Gesicht geschmiert wird. Unwahrscheinlich, das weiß man schon. Maskiert als Somalier Kwami reiste Wallraff ein Jahr lang durch seine Heimat Deutschland. Dass die versteckte Kamera unter seinem bunten Hemd dabei einen hautnahen Film über Alltags-Rassismus gedreht hat, überrascht leider wenig. Zum Übelwerden ist das atmosphärische Dokument des Fremdenhasses, das am 12. Februar in die österreichischen Kinos kommt, trotzdem.

Die Gefahr, dass Wallraff als angepinselter Schwarzer mehr Vorurteile inszeniert als aufzeigt, ist dem Projekt immanent. Denn was für eine Rolle ist es genau, die ein 67-jähriger deutscher Aufdeckungs-Journalist annimmt, wenn er “den Fremden”, deutlich gekennzeichnet durch seine Hautfarbe, geben will? Wir finden es nicht heraus, denn über die Hautfarbe hinaus will kaum jemand Kwami näher kennenlernen. Feindseligkeit kann ein Blick sein, ein Abrücken, ein Rausreden, oder gar eine offene Drohung. Meistens aber: eine Weigerung.

Nicht Mitglied werden dürfen – im Hundesportverein, im Kleingartenverein, im Nachtclub, am Campingplatz – das ist die häufigste Erfahrung von einem idealtypisch “Integrationswilligen”. Stets freundlich, in gutem (manchmal fast unverstellt muttersprachlichen) Deutsch bittet Wallraff um Auskünfte, besichtigt Mietwohnungen und goldene Uhren, macht eine Bootsfahrt und möchte vom zuständigen bayrischen Amt wissen, was man tun muss, um einen Jagdschein zu machen. Flugs wird er mit der Polizei bedroht. Wenn er später seine – weißen – Mitarbeiter an die gleichen Stellen mit den gleichen Anliegen schickt, entlarven sich nicht nur ihm genannte Mitgliedsbeiträge als dreifache Übertreibungen, der Angst vor dem Fremden, der hier “einfach nicht hinpasst”, wird auch ganz ungeniert Ausdruck verliehen.

Auf Konfrontation legt es Wallraff nicht an – ihn interessieren nicht die Gewaltbereiten, ob handgreiflich oder verbal, auch wenn er manchmal nicht an ihnen vorbeikommt. Er spürt die Gosse nicht in der Gosse auf, sondern am frisch gemähten Freizeit-Rasen. Ganz nach der Methode, die Wallraff als Undercover-Reporter berühmt gemacht hat, lässt er den Missstand, den er darstellen möchte, auf seinen eigenen Leib niederprasseln. Regisseure Pagonis Pagonakis und Susanne Jäger machten daraus eine leise, unkommentierte Collage für die Bildungs-Leinwand.

Was damit gelingt, ist weniger ein schockierender Aufdecker-Film über Fremdenhass – zu wenig wird der verborgen. Was er aber nachweist, ist die schlichte Einsicht, welche Macht ein bisschen schwarze Farbe auch nach all den Jahrhunderten noch hat – auch wenn man das fragwürdige Glück hat, sich am Abend wieder abschminken zu können. Und auch wenn Kwami manchmal, oft gerade da, wo man es nicht erwartet hätte, tatsächlich angenehm überrascht wird.

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