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Schmidt glänzt als Rüstungs-Manager

Als zynischer Chef einer Rüstungsfirma glänzt Fernseh-Entertainer Harald Schmidt einmal mehr in einer Produktion des Bochumer Schauspielhauses.

Die deutschsprachige Erstaufführung des Stücks „Die Direktoren“ in der Regie von Intendant Matthias Hartmann in der vierten Etage der Bochumer Sparkassen-Hauptstelle entpuppte sich allerdings als eine Art „Doku-Soap“ per Videofilm und hatte mit herkömmlichem Theater kaum mehr etwas gemeinsam.

Das Stück des Franzosen Daniel Besse spielt in der Führungsetage des großen Rüstungskonzerns Delta Espace, wo mit allen Mitteln versucht wird, einen milliardenschweren Auftrag an Land zu ziehen. Wichtige Direktoren setzen dabei ihre Karriere aufs Spiel. Die Intrigen werden mit unterschiedlichen Strategien verfolgt:
Kompetenzen werden angezweifelt, böse Gerüchte in die Welt gesetzt, Koalitionen destabilisiert. Es wird gelogen und gemobbt, getreu dem Motto: Erst das Geld, dann die Moral.

Gespielt wird in mehreren Räumen der Sparkasse, in denen das Publikum in kleinen Gruppen verteilt sitzt. Mal handelt es sich um ein Nobelrestaurant, mal um das Foyer des Rüstungsbetriebs, dessen Kantine oder auch um die Bar eines Golfclubs. Die Schauspieler agieren mal hier, mal dort, in die übrigen Räume wird die Handlung mittels Videokameras auf eine Leinwand projiziert. Nähe zum Publikum kommt dabei nicht auf.

Einer der Top-Manager erschießt sich, weil er entlassen wird. Andere der Intriganten behalten ihre Posten, es gibt Aufstiege in der Karriereleiter, und die Moral bleibt natürlich auf der Strecke. Die Quintessenz des Stücks, für das Daniel Besse in Frankreich gleich zwei Mal mit dem Theaterpreis „Prix Moliere“ ausgezeichnet wurde, lautet schlicht: Jeder ist käuflich und Krieg gibt’s in allen Führungsetagen eines Unternehmens.

Da ist die von Chris Hohenester naiv-berechnend gespielte Marketing-Direktorin Grenelle, die nur ihr eigenes Vorwärtskommen im Auge hat und dabei gezielt ihre weiblichen Attribute herausstellt. Da ist der schmierig-verlogene Chatelet, den Patrick Heyn in seiner Widerwärtigkeit grandios darstellt. Martin Rentzsch als Finanzdirektor Odeon, der als einziger Gefühle zeigt und den alle wissentlich ins Messer laufen lassen, tut einem schon lange vor seinem Selbstmord Leid.

Und da ist Harald Schmidt, der den Firmenboss Montparnasse so aalglatt, arrogant und zynisch gibt, dass es eine Freude ist. Hatte er Anfang Februar in Becketts „Warten auf Godot“ noch die Rolle des angeleinten Sklaven Lucky, so lässt er als Rüstungschef jetzt alle Untergebenen an seiner Leine tanzen.

Dabei zeigt Montparnasse seine Dekadenz in Mitarbeitergesprächen bei Spargel und Wein. Auch beim Gerede übers Golfen und über Kunstausstellungen wirkt er grenzenlos überheblich und zeigt etwas, was er mit dem Late-Night-Talker Schmidt im Fernsehen vielleicht gemeinsam hat. Ihn interessiert nicht wirklich, was die Leute um ihn herum denken. Hauptsache, er kann sich präsentieren.

Der Beifall für die Schauspieler und die vielen Video-Kamera- Leute war höflich. Das Stück entstand als Koproduktion mit dem Westdeutschen Rundfunk.

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