Bahnfahrer werden eine oder mehrere der beschriebenen Situationen wiedererkennen: Vom Schaffner unfreundlich behandelt? Trotz defektem Kartenautomaten als Schwarzfahrer bestraft? Im unübersichtlichen Tarifdickicht ein viel zu teures Ticket erstanden? Viele wissen gar nicht, dass ein eigens für Beschwerden eingerichtetes Service namens “Schienen-Control” hier helfen kann.
Für Bahnfahrer Nützliches, aber vielfach unbekanntes Service
Bei den heimischen Betreibern öffentlicher Verkehrsmittel trudeln pro Jahr etwa 50.000 Beschwerden ein. Doch was tun, wenn man abgewiesen wird? Aufgeben? Ärgern? Aufs Auto umsteigen? Nicht notwendig, denn schließlich gibt es die “Schienen-Control”, eine staatliche Schlichtungsstelle mit beachtlicher Erfolgsquote und hohem Unbekanntheitsgrad.
Maria-Theresia Röhsler sind die Sorgen der Bahnkunden mehr als nur geläufig. Sie kennt sie alle. Am Freitag präsentierte die Schienen-Control-Geschäftsführerin die Bilanz des Jahres 2011. 659 Beschwerden sind eingegangen, rund ein Drittel mehr als 2010, und acht von zehn Fälle konnten erfolgreich geschlichtet werden. Am meisten zu tun hatten Röhsler und Kollegen mit Fahrgeldnachforderungen seitens der Bahn – sprich: mit Bußgeldern.
Das rät die Schienen-Control
Ein Klassiker: Auf einem kleinen Bahnhof ist der Fahrkartenautomat defekt, der Bahnbenützer steigt ohne Ticket in den Zug, was ja seit einiger Zeit verboten ist, und erhält vom Schaffner eine Strafe aufgebrummt – 65 Euro jetzt und sofort oder 95 Euro per Erlagschein. Was tun? Röhsler: “Auf jeden Fall einmal zahlen, erst dann Beschwerde einreichen.” Aber nicht gleich bei der Schienen-Control, denn die tritt erst auf den Plan, wenn es zwischen Kunde und Bahnbetreiber keine Einigung gab oder das Verfahren zu lange dauert.
Die Strafe nicht zu bezahlen, hätte keinen Sinn – ganz im Gegenteil. Wer dem Erlagschein ganze acht Tage keine Bedeutung beimisst, dem flattert schon ein Brieflein vom Inkasso-Büro ins Haus. Und das mit Zusatzgebühren, die laut Röhsler “in keinem Verhältnis” zur Geldstrafe stehen. “Wir arbeiten mit den Bahnbetreibern eigentlich sehr gut zusammen.” Deshalb habe man auch eine Ausweitung der Zahlungsfrist auf 14 Tage erreichen können.
Tarifsystem ist undurchsichtig
Nächstes Problem: Das österreichische Tarifsystem. Dieses sei, so Röhsler, “extrem kompliziert” und würde in ausgedruckter Form etwa 1.000 A4-Seiten umfassen. “Für den normalen Bahnkunden durchzublicken ist unmöglich.” Ab 2. Juli würden zwar “Vereinfachungen” in Kraft treten, doch von perfekt sei der neue Tarifplan noch sehr weit entfernt, kritisierte die Schienen-Control-Geschäftsführerin.
Obwohl die Regulierungsbehörde schon seit Anfang 2007 Bahnkonsumenten vertritt, die sich ungerecht behandelt fühlen, wissen offenbar sehr wenige über deren Existenz Bescheid. Denn während bei den heimischen Bahnbetreibern 2011 insgesamt 49.470 Beschwerden eingegangen sind, wandten sich nur 659 Personen an die Schienen-Control.
Entschädigungen und Strafnachlässe können erwirkt werden
Punkto Bekanntheitsgrad sei noch jede Menge Luft nach oben, so Röhsler, die auf verstärkte Information in den großen Bahnhöfen verweist. Flyer in den Zügen wären zwar auch eine feine Sache, doch die ÖBB habe mit der Begründung abgelehnt, zusätzliches Info-Material würde für zusätzlich anfallenden Müll in den Waggons sorgen.
So kämpft die Behörde also weiter für Bahnkunden und gegen den immer noch eklatanten Unbekanntheitsgrad. Unverständlich eigentlich, konnten doch im Vorjahr beachtliche 27.540 Euro an Entschädigungen und Strafnachlässen “erschlichtet” werden. Möglichkeiten, sich als Bahnkunde gegen mutmaßliche Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen, gibt es übrigens immens viele – ein Blick auf die Website der Schienen-Control oder in einen der Flyer lohnt sich auf nahezu jeden (Streit-)Fall.
(apa/red)
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