AA

Schicksalstag für das Kreuz in Schulen

Religionsfreiheit oder -einschränkung?
Religionsfreiheit oder -einschränkung? ©APA (dpa)
Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat am Mittwoch die Verhandlung über ein Kruzifixverbot in Klassenräumen begonnen. Die gebürtige Finnin Soile Lautsi hat den italienischen Staat geklagt, weil sie nicht akzeptieren will, dass ihre beiden Söhne unter einem Kreuz an der Wand unterrichtet werden.

Während alle italienischen Gerichte ihre Klage zurückwiesen, gab ihr der Menschenrechtsgerichtshof im vergangenen Jahr überraschend recht. Rom hat dagegen Einspruch erhoben, worüber die Große Kammer des Straßburger Gerichtshofs nun entscheiden muss. Wenn der EGMR in einigen Monaten sein Urteil fällt, wird dies für alle Mitgliedsstaaten des Europarates bindend sein.

Der EGMR urteilte im vergangenen November, Kruzifixe in Klassenzimmern staatlicher Schulen seien nicht mit den Europäischen Menschenrechtskonventionen vereinbar. Das Kreuz als Symbol einer bestimmten Religion könne Kinder ohne Glauben oder mit einer anderen Religion verstören. Sie gaben der Atheistin Lautsi recht, dass bei der Erziehung “konfessionelle Neutralität” geboten sei. Das Kruzifix über der Schulbank verletzte das Recht der Eltern, ihre Kinder gemäß ihrer eigenen Weltanschauung zu erziehen.

In Italien löste die Entscheidung einen Sturm der Entrüstung aus. Vor dem Vatikan kam es zu Massendemonstrationen für das Kreuz, Papst Benedikt XVI. betonte neben dem religiösen auch den “historischen und kulturellen Wert” des Kruzifixes. Politiker aller Lager brandmarkten einen “aggressiven Säkularismus” der Straßburger Richter.

Der österreichische Außenminister Spindelegger (ÖVP) “begrüßt” die Befassung der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit dem Kruzifix-Fall. “Die Große Kammer hat wiederholt in ihren Urteilen bewiesen, dass sie sich dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas sehr bewusst ist”, so der Außenminister.

  • VOL.AT
  • Politik
  • Schicksalstag für das Kreuz in Schulen