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Nazi-Prominenz: Salzburg ermöglicht posthume Aberkennung von Ehrentiteln

Göring (l.) ist noch immer Ehrenbürger der Gemeinde Mauterndorf
Göring (l.) ist noch immer Ehrenbürger der Gemeinde Mauterndorf
Der Verfassungsausschuss im Salzburger Landtag hat am Mittwoch einer Gesetzesnovelle bei der Verleihung von Ehrenzeichen zugestimmt. Besonders die posthume Aberkennung von Ehrenbürgerschaften war in Land, Stadt und Gemeinden bisher formaljuristisch nicht möglich. Das zeigt etwa der Fall Hermann Göring, der trotz seiner NS-Verbrechen seit 1938 Ehrenbürger der Gemeinde Mauterndorf im Lungau ist.

Göring, Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, Gestapo-Gründer und später einer der Väter der Judenvernichtung, war aus Dank über die Finanzierung einer Wasserleitung am 15. März 1938 zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt worden. Göring war als Kind öfter im Lungau. Die Burg Mauterndorf gehörte zunächst seinem Patenonkel und wurde später an ihn übertragen.

Der Bürgermeister der Gemeinde, Wolfgang Eder (ÖVP), hatte in der Vergangenheit immer wieder die Meinung vertreten, dass die Ehrenbürgerschaft Görings mit dessen Tod erloschen ist und deshalb keine Aberkennung möglich sei. Eine Rechtsansicht, die auch vom Land gestützt wurde: Ehrungen seien höchstpersönliche Rechte, die an den ausgezeichneten Personen haften und mit dem Tod verloren gehen. Eine Aberkennung durch einen förmlichen Akt sei darum nicht mehr möglich.

Das entspreche freilich nicht mehr den Anforderungen der heuten Zeit, hieß es jetzt in der Gesetzesvorlage. Darum folgten am Mittwoch ÖVP, SPÖ und der parteifreie Otto Konrad einer Initiative der Grünen und stimmten der Novelle des Salzburger Ehrenzeichengesetzes, das Salzburger Stadtrechts und der Salzburger Gemeindeordnung zu. Einzig die FPÖ war dagegen.

Nach Inkrafttreten des Gesetzes können die Behörden per Beschluss festlegen, dass die Voraussetzungen für eine Aberkennung vorlägen und diese auch hätte vorgenommen werden können, wenn die Person noch am Leben wäre. Dem Land, der Stadt Salzburg und den Gemeinden wird es damit möglich, sich auch nach dem Tod der ausgezeichneten Person von der Auszeichnung zu distanzieren. Neu finden sich übrigens auch Bestimmungen zur Aberkennung zu Lebzeiten, die bisher nur unzureichend geregelt waren.

Zugleich hält das Gesetz fest, das verliehene Auszeichnungen wie Ringe, Kreuze, Verdienstzeichen oder Siegel mit der Ehrung in das Eigentum des Geehrten übergehen. Erben können darum nicht zur Rückgabe verpflichtet werden.

Übrigens war es Gebietskörperschaften auch bisher schon möglich, einen moralischen Akt zu setzen und ausdrücklich festzustellen, dass jemand kein Ehrenbürger mehr ist. So hat die Stadt Salzburg im Jahr 2014 dem früheren Leiter des Hauses der Natur, Eduard Paul Tratz, wegen dessen nationalsozialistischen Vergangenheit die 1963 verliehene Ehrenbürgerschaft aberkannt.

Ob die Gemeinde Mauterndorf von dem neuen Instrument Gebrauch machen wird und Hermann Göring “post mortem” die Ehrenbürgerschaft aberkennt, war am Mittwoch noch unklar. “Wir werden das genau diskutieren und der Empfehlung von Experten folgen”, sagte Bürgermeister Eder zur APA. 2017 soll anlässlich der 800-Jahr-Feier zur Markterhebung auch eine neue Ortschronik erscheinen. “Darin arbeiten Historiker auch das Thema Hermann Göring und seine Ehrenbürgerschaft umfassend auf.” (APA)

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