Todesurteile verhängte das Sondertribunal in Bagdad auch gegen seinen Halbbruder Barzan al-Tikriti und den ehemaligen Richter Awad al-Bandar. Ex-Vizepräsident Taha Yassin Ramadan, für den ebenfalls die Höchststrafe beantragt worden war, wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Angaben aus Justizkreisen werden alle Verurteilten Berufung gegen die Urteile einlegen, die mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit begründet wurden. Drei Ex-Funktionäre von Saddam Husseins Baath-Partei erhielten Haftstrafen von jeweils 15 Jahren, einer der sieben Mitangeklagten wurde freigesprochen. Dies hatte auch die Staatsanwaltschaft gefordert.
In dem ersten Prozess ging es um den Tod von 148 angeblichen Verschwörern. Diese waren 1982 in der schiitischen Kleinstadt Dujail nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf Saddam Hussein hingerichtet worden. Saddam Hussein, den US-Soldaten im Dezember 2003 in einem Erdloch auf einem Bauernhof unweit seiner Heimatstadt Tikrit aufgespürt hatten, nahm den Urteilsspruch relativ gelassen auf. Er rief: Es lebe das Volk, es lebe die (islamische) Nation, Allahu akbar (Gott ist groß)! Bandar, der seinerzeit den Prozess gegen die Schiiten aus Dujail geleitet hatte, beschimpfte das Gericht als Versammlung von Verrätern und Agenten. Die Fernsehbilder aus dem Gerichtssaal, die bei dieser und bei anderen Szenen zensiert wurden, fielen an dieser Stelle aus.
Chefverteidiger Khalil al-Dulaimi sagte anschließend, Saddam Husseins Botschaft an das irakische Volk ist, zu vergeben und nicht Rache zu üben. Der Präsident hat seine Landsleute auch aufgerufen, sich zusammenzuschließen im Angesicht der Gewalt. Er habe schon vorher gewusst, wie das Urteil lauten werde, und gebeten, danach diesen Appell zu verbreiten. Gegen Saddam läuft noch ein zweiter Prozess wegen Völkermordes an den Kurden. Es geht dabei um die Angriffe auf kurdische Dörfer im Nordirak in den Jahren 1987 und 1988 während des Krieges gegen den Iran.
Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat das Todesurteil gegen den früheren Machthaber als Lektion für alle Verbrecher und Terroristen bezeichnet. Er sei sehr erstaunt gewesen, dass seine Regierung von mehreren Staaten aufgefordert worden sei, Saddam freizulassen, erklärte Maliki am Sonntag in einer vorbereiteten Rede, die von arabischen Fernsehsendern live übertragen wurde. Darüber habe jedoch nur das Gericht zu entscheiden gehabt. Im Irak stehe heute niemand mehr über dem Gesetz. Saddam habe mit seinen Kriegen und Abenteuern großes Elend über den Irak gebracht. An die Adresse der Sympathisanten des Ex-Präsidenten in den sunnitischen Regionen sagte der schiitische Regierungschef: Die Herrschaft Saddams und seiner Partei gehören nun endgültig der Vergangenheit an. Der staatliche Fernsehsender Al-Irakiya zeigte Angehörige der hingerichteten Schiiten aus Dujail, die ihre Freude über das Todesurteil zum Ausdruck brachten.
Die Schiiten im Irak haben am Sonntag das Todesurteil gegen den früheren Staatschef in öffentlichen Kundgebungen bejubelt. In seiner Heimatstadt Tikrit zogen dagegen rund 1000 Sunniten durch die Stadt und drohten ihn zu rächen. Das von der Regierung verhängte Ausgehverbot für Sonntag zeigte damit nur wenig Wirkung. In Sadr City, einer schiitischen Hochburg im Nordosten von Bagdad, tanzten Jugendliche auf den Straßen und riefen: Richtet Saddam hin!. In Bagdad waren nach der Urteilsverkündung Freudenschüsse zu hören.
Bei einem Mörserangriff auf Wohnhäuser in dem vorwiegend von Sunniten bewohnten Stadtteil Adhamiya starben laut Augenzeugen mindestens 20 Menschen. Dutzend weitere Menschen wurden verletzt. Auch in Bagdad, in Mossul und Bakuba war in Erwartung des Urteils eine Ausgangssperre verhängt worden. Bei einem Angriff amerikanischer und irakischer Soldaten sind südöstlich von Bagdad mehr als 50 Aufständische getötet worden, wie die irakische Polizei am Sonntag mitteilte. Ziel des Angriffs sei ein Gebiet mit Obstplantagen in der Nähe der Stadt Madain gewesen, in dem irakische und amerikanische Einheiten wiederholt angegriffen worden seien. Es habe Informationen gegeben, wonach sie Aufständische in dem Gebiet gruppiert hätten, um bei der erwarteten Verkündung des Urteils gegen Saddam Hussein Anschläge zu verüben.
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