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Russland: Wirtschaftsbeziehungen ausbauen

Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei einem Treffen mit deutschen Konzernchefs in München für den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland geworben.

Am zweiten Tag seines Deutschlandbesuchs sagte er am Mittwoch erneut die Stärkung der Freiheitsrechte in Russland und die Aufklärung des Mordes an der Moskauer Journalistin Anna Politkowskaja zu.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber sagte, er habe mit Putin sehr ausführlich über die Meinungs- und Pressefreiheit gesprochen. Er drücke ihm die Daumen, dass der Mord aufgeklärt werde. Die Fraktionsspitze der bayerischen Grünen sagte die Teilnahme an einem Essen für Putin in der Münchner Residenz ab und veranstalteten stattdessen eine Mahnwache für Politkowskaja vor dem Gebäude.

Putin sagte, er wolle die russische Wirtschaft mit Hilfe deutscher Forschung und Technologie breiter aufstellen. „Wir sehen noch Potenzial“, erklärte der Präsident nach dem Gespräch mit Stoiber, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, Siemens-Chef Klaus Kleinfeld, Audi-Chef Martin Winterkorn und vielen anderen Konzernvorständen.

Stoiber unterstützte die Idee einer Freihandelszone der EU mit Russland. Im Flugzeugbau sollten die Möglichkeiten der Zusammenarbeit russischer Unternehmen mit dem Airbus-Mutterkonzern EADS ausgelotet werden, aber es gebe „Grenzen für die Beteiligung“ des russischen Staats an EADS. Putin sagte der „Süddeutschen Zeitung“, über eine Erhöhung des Aktienanteils von fünf Prozent an EADS sei noch nicht entschieden, er sei aber persönlich dafür.

Die Entwicklung der russischen Wirtschaft sei das wichtigste Ziel seiner 2008 auslaufenden Amtszeit. „Wir haben enorme Ressourcen. Ganz Europa braucht unsere Energie.“ Russland wolle seine Gaslieferungen an Deutschland bis 2013 auf 95 Milliarden Kubikmeter verdoppeln und Deutschlands Bedarf vollständig decken. Leute, die Sorgen über eine zu hohe Abhängigkeit von russischem Gas schürten, seien „entweder Provokateure oder sehr dumm“, sagte Putin der Zeitung.

Der deutsch-russische Außenhandel hat sich seit dem Jahr 2000 auf 50 Milliarden Euro verdoppelt. Wie der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft mitteilte, dürfte diese „stürmische Entwicklung“ anhalten. Deutsche Unternehmen planten im nächsten Jahr in Russland Investitionen von 1,4 Milliarden Euro. „Russland ist nicht nur das größte und rohstoffreichste Land der Erde, es gehört auch zu den größten Wachstumsmärkten der Welt und liegt in räumlicher Nähe zu Deutschland“, sagte der Ausschussvorsitzende Klaus Mangold in München.

Putin war am Mittag in München mit einem Spalier von Trachtengruppen und Böllerschüssen von Gebirgsschützen begrüßt worden. Rund 300 Schaulustige verfolgten seine Ankunft, rührten jedoch keine Hand zum Applaus.

Der Deutsche Journalistenverband warf Putin unterdessen im Mordfall Politkowskaja Scheinheiligkeit und Zynismus vor. „Die Unterdrückung kritischer Journalisten und Medien in Russland hat Ausmaße angenommen wie wir sie aus der Sowjetzeit kennen“, sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken in Berlin. Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte der „Berliner Zeitung“, ob Putins Aufklärungswillen „Bestand hat, wage ich zu bezweifeln“.

Am Nachmittag stand ein Gespräch Putins mit Universitätsrektoren und Forschungspräsidenten sowie eine Rede vor der Industrie- und Handelskammer auf dem Programm. Nach einem bayerischen Abend in einer Brauerei in Aying bei München will Putin nach Moskau zurückfliegen.

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