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Rückenwind für Assad: Was Moskaus Intervention für Syrien heißt

Russland greift militärisch in syrischen Bürgerkrieg ein.
Russland greift militärisch in syrischen Bürgerkrieg ein. ©Hadi Al-Abdallah via AP video, File)
Seit Ausbruch des Bürgerkriegs gehört Moskau zu den treusten Partnern des Regimes in Damaskus. Jetzt greift Russlands Luftwaffe zugunsten seines Verbündeten ein. Assad kann jubeln, Regimegegner sind wütend. Fragen und Antworten zur aktuellen Situation.
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Seit dieser Woche bombardiert auch Russlands Luftwaffe Ziele in Syrien. Damit hat ein neuer mächtiger Akteur in den mehr als vier Jahre dauernden Bürgerkrieg eingegriffen – für Syrien-Experten eine äußerst bedeutende Entwicklung.

Welche Ziele verfolgt Russland mit den Luftangriffen?

Russland erklärte, seine Jets hätten im Rahmen des Anti-Terror-Kampfes den Islamischen Staat (IS) angegriffen. Doch zahlreiche syrische Aktivisten bestreiten das. Nach ihrer Darstellung attackierte die russische Luftwaffe etwa mehrere Ziele nördlich der Stadt Homs sowie in der Provinz Idlib. Diese Gebiete stehen nicht unter Kontrolle des IS, sondern werden von verschiedenen gemäßigten und radikalen Rebellen beherrscht, die mit ihm verfeindet sind.

Allerdings bedrohen diese Gruppen vom Regime gehaltene Gebiete wie die Stadt Homs. Russland wolle Syriens Armee helfen, diese Rebellengruppen auszuschalten, heißt es in einer Analyse des Washington Institute for Near East Policy. Deren Autor Fabrice Balanche kommt zu dem Schluss, Moskaus erste Angriffe hätten vor allem das Ziel gehabt, Gebiete unter Regime-Kontrolle zu sichern.

Bedeuten Russlands Luftangriffe eine Wende zugunsten von Assad?

Assads Truppen haben in den vergangenen Monaten schwere Rückschläge hinnehmen müssen. So verloren sie fast die gesamte nordsyrische Provinz Idlib an ein Rebellenbündnis, das seitdem auch die Hochburg des Regimes um die Küstenstadt Latakia bedroht. Der IS wiederum vertrieb die Armee aus der historischen Wüstenstadt Palmyra.

Dass die Kräfte der Assad-Anhänger ausgelaugt sind zeigt sich auch daran, dass das Regime immer größere Probleme hat, Kämpfer zu rekrutieren. Auch mit russischer Hilfe werden Assads Truppen zu schwach bleiben, um den Bürgerkrieg militärisch zu gewinnen.

Aaron Lund, Syrien-Fachmann der Carnegie-Stiftung, sieht trotzdem einen positiven Effekt der Luftangriffe für das Regime: “Sie mögen keine Wende im Krieg bedeuten, aber sie können für Assad sehr hilfreich sein.” So könnten sie die Moral seiner Anhänger stärken.

Wie reagieren die syrischen Rebellen?

Ob gemäßigt oder radikal: Die Assad-Gegner weltweit sind wütend. “Die GESAMTE syrische Opposition sieht sich nun in einem umfassenden Krieg mit Russland”, twitterte Charles Lister, Syrien-Experte der US-Denkfabrik Brookings. “Eine äußerst bedeutsame Veränderung.” Schon vom Westen, vorneweg von den USA sind die Rebellen enttäuscht, weil sie sich im Stich gelassen fühlen.

Lister geht davon aus, dass die Hauptprofiteure der Luftangriffe extremistische Kräfte wie die Nusra-Front sind. So könnte Moskaus Intervention mehr Rebellen in die Arme von Radikalen treiben. Für die allermeisten Oppositionellen hat der Sturz Assads absolute Priorität. Dafür sind sie sogar bereit, mit Extremisten zusammenzuarbeiten.

Wie wirken sich die Angriffe auf das Ringen um Friedensgespräche aus?

Die UN, Russland und andere Staaten bemühen sich seit Monaten darum, die verfeindeten Parteien wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Doch viele Rebellen misstrauen den internationalen Vermittlern. Auch der UN-Sondergesandte Staffan de Mistura genießt bei ihnen keinen guten Ruf. Ihr Wille zu einer Lösung am Verhandlungstisch dürfte durch die Angriffe geschwächt werden. Auch ein militärisch gestärkter Assad dürfte eher auf das Militär als auf Diplomatie setzen.

Kann der Islamische Staat jetzt zurückgedrängt werden?

Mit Luftangriffen alleine lässt sich der IS nicht besiegen, da sind sich alle Militärexperten einig. Um die Extremisten zurückzudrängen sind starke Kräfte am Boden nötig. So gelang es den Kurden im Norden Syriens mit Luftunterstützung der von den USA geführten Koalition, große, vom IS gehaltene Gebiete einzunehmen.

Russland selbst schließt einen Einsatz von Bodentruppen aus. Syriens Armee dürfte auch mit Hilfe der Moskauer Luftangriffe zu schwach sein, um dem IS wirklich gefährlich werden zu können. Zudem ist Damaskus schon in der Vergangenheit allenfalls mit gebremster Kraft gegen die Extremisten vorgegangen. Stattdessen greifen Assads Truppen und ihre Verbündeten vor allem andere Regimegegner an.

Videobericht: Assad plant mit Irans Hilfe Bodenoffensive

(dpa; Video: Reuters)

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