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Rätsel um Erbschaft an Richter

Bregenz -  Der Fall Karl-Heinz Marent und ein Testament mit Fragezeichen: Karl-Heinz Marent versteht die Welt nicht mehr. „Ich bin ein gerader Mann, alles ist korrekt abgelaufen und jetzt so etwas.“ Mit „so etwas“ meint der pensionierte Richter und Bregenzer Stadtvertreter (Bregenz denkt) das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren sowie den anhängigen Zivilprozess.

Wie berichtet, zweifeln die früheren Betreuer die Echtheit jenes Testaments an, das Marent ein Vermögen von rund 800.000 Euro beschert hat. Marent wiederum erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kläger und hat diese wegen Verleumdung angezeigt. Der Hintergrund: Die zwei Bregenzer sollen die im Feb­ruar 2009 verstorbene Oberstudienrätin Aloisia F. über etwa acht Jahre hinweg gepflegt haben „Mit dem Versprechen, im Testament berücksichtigt zu werden“, stellt der Klagsvertreter Jürgen Nagel klar. Er beruft sich dabei unter anderem auf ein Testament aus dem Jahre 2006. Als die vermögende Frau schließlich stirbt, geht der gesamte Nachlass an Marent, der Aloisia F. nach eigenen Angaben seit mehr als zwei Jahrzehnten kannte und zuletzt auch alle finanziellen Angelegenheiten der Frau regelte. Das Vermögen umfasst Bankguthaben im Wert von mehreren Hunderttausend Euro sowie eine Liegenschaft samt Haus in Bregenz–Rieden.

Zwei Testamente

Die Testamente, die der Erbschaft zugrunde liegen, wurden ein bzw. zwei Monate vor dem Tod der Frau verfasst. Eines setzte Aloisia F. selbst auf, das andere soll sie Marent, ihrem langjährigen Bekannten, diktiert haben. In beiden Dokumenten scheint der Richter im Ruhestand als Alleinerbe auf. Die früheren Pfleger intervenierten beim Bezirksgericht Bregenz und machten Forderungen geltend – doch weder der Verlassenschaftsrichter noch der Notar bezweifelten die Echtheit der Letztwilligen Verfügungen. Der Nachlass wurde schließlich zugunsten Marents eingeantwortet. Wenig später wird der pensionierte Richter geklagt. Die früheren Betreuer der Verstorbenen wollen 60.000 Euro für ihren Pflegeaufwand. Einen Betrag, den Marent nicht zahlen will. „Ich habe noch zu Lebzeiten der Frau alle Betreuer und Pfleger aufgerufen, mir ihre offenen Rechnungen zu schicken. Vom späteren Kläger kam dann eine Rechnung, die ich bezahlt habe. Nach dem Tod der Frau kam allerdings eine weitere Forderung, die ich für nicht gerechtfertigt hielt“, so Marent im Gespräch mit den VN. Marent empfindet das Vorgehen der Kläger als „Erpressung“. „Wenn ich gezahlt hätte, gäbe es die jetzigen Vorwürfe nicht“, sagt er. Zudem weist der pensionierte Richter darauf hin, dass seine Bekannte ihrem Pfleger sogar einmal ein Hausverbot erteilte und ihn anzeigen wollte. Das bestätigte auf VN-Nachfrage auch eine andere Betreuerin der Frau. „Der Mann nahm während eines Krankenhausaufenthalts eine Tasche mit privaten Dingen und ein Radio von Aloisia F. zu sich“, erzählt Marent. „Anzeige gab es aber keine, weil die Sachen auf Nachfrage retourniert wurden.“

Marent schrieb das Testament

Die Erstellung des letzten Testaments von Aloisia F. im Jänner 2009 wirft dann aber doch einige Fragen auf. Und das obwohl sich Marent als ehemaliger Bezirksrichter und Co-Verfasser des Standardwerks „Das ABC der Vertrags- und Testamentsmuster“ in diesen Belangen sehr gut auskennt. Geschrieben wurde das Testament von Marent selbst. „Sie wollte das so. Ich habe nur aufgeschrieben, was sie mir diktiert hat.“ Bezeugen kann dies niemand. Während Marent das Testament schrieb, war er mit der schwer sehbehinderten und pflegebedürftigen Frau allein in deren Schlafzimmer. Drei Testamentszeugen – eine Pflegerin, der Vermieter und dessen Freund – haben das Dokument dann im Beisein von Aloisia F. unterschrieben. Was genau sie verfügt hatte, wusste keiner der drei. „Zeugen müssen den Inhalt des Testaments nicht kennen. Grundvoraussetzung ist es jedoch, dass der Testamentserrichter vor den Zeugen bestätigt, dass es sich bei den Inhalten um seinen letzten Willen handelt“, erklärt der Sprecher der Vorarlberger Notare, Richard Forster. An eine derartige Bestätigung kann sich auf VN-Anfrage aber keiner der Zeugen erinnern. Dass Marent deswegen um sein Erbe kommt, glaubt Forster nicht. „Die Judikatur ist in diesen Fällen sehr großzügig.“

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