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RSO-Leiter de Billy: Wrabetz hat "jedes Versprechen gebrochen"

"Es ist nicht fünf Minuten vor zwölf, es sind nur noch fünf Sekunden", appellierte Bertrand de Billy, der Leiter des Radio Symphonieorchesters, das Hausorchester des ORF gegen Ausgliederungs-Pläne zu unterstützen.

“Was heute leichtfertig zerstört wird, ist nie wieder aufzubauen. Wir müssen hier wirklich den Anfängen wehren”, sagte de Billy wenige Stunden vor seinem Dirigat des Schönbrunn-Konzerts des RSO mit Anna Netrebko, Placido Domingo und Rolando Villazon vor Journalisten bei einer Pressekonferenz, die er ausdrücklich nicht namens des ORF oder des RSO gab.

“Jeder Versuch, eine Pressekonferenz zur Zukunft des RSO zu machen, wurde vom ORF immer wieder verschoben. Jetzt muss ich aber etwas sagen”, begründete de Billy seine Initiative. “Meine Amtszeit im Herbst 2002 begann mit der drohenden Auflösung des Orchesters, für das mich der Eigentümer ORF kurz davor als Chefdirigent und künstlerischer Leiter bestellt hatte und nach sechs Jahren gemeinsamer Arbeit stehen wir heute vor dem gleichen, wenn nicht noch drängenderen Problem.”

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, der bei seinem eigenen Hearing davon gesprochen habe, das RSO zu einem der drei führenden Rundfunkorchester in Europa machen zu wollen, habe “jedes Versprechen gebrochen”, so de Billy. Wrabetz habe ihm zunächst ausreichende Mittel dafür versprochen, “dass das Orchester wieder auf notwendige 105 Mitglieder erhöht würde”, eine teilweise Erfüllung dessen später für den Fall einer Gebührenerhöhung versprochen. Nun stünden aber eine weitere Stellenreduzierung des derzeit 89 Musiker (plus 10 Akademie-Stellen) umfassenden Orchesters, “das sich ohnedies schon an der untersten Grenze eines Symphonieorchesters befindet” sowie eine Ausgliederung zur Diskussion. “Das heißt also im Klartext: Abschaffung des RSO.”

De Billy, der seinen bis Ende August 2010 laufenden Vertrag erfüllen will (“Als Kapitän muss man an Bord bleiben. Ich habe noch Pläne für zwei Jahre.”) fordert dringend die Bestellung eines Orchester-Managers in Nachfolge der bereits im August in Pension gehenden Haide Tenner (einen Wunschkandidaten habe er Wrabetz vorgeschlagen, Entscheidung gebe es weiterhin keine), die Erneuerung der Bestandsgarantie samt Erklärung, auf eine Ausgliederung zu verzichten, sowie “eine richtige Unterstützung seitens des ORF”.

“Wir werden überall gelobt und unterstützt – außer im eigenen Haus”, erklärte der Chefdirigent und monierte zu geringe Werbung in den ORF-Programmen, in denen etwa die Mitwirkung des RSO an dem heutigen, vom ORF übertragenen Schönbrunn-Konzert (für das das RSO 30.000 Euro samt Rechte erhält), keine oder kaum Erwähnung fände.” Nicht zuletzt durch eine Infora-Studie sei schon vor Jahren bewiesen worden, dass das RSO vorbildlich funktioniere. Eine Ausgliederung könne in dieser Situation keine Verbesserung bedeuten und mit der laufenden Zukunfts-Diskussion sänken auch die Chancen, professionelle Manager für das RSO zu gewinnen.

“Ich habe alles Verständnis für einen Sparkurs”, sagte de Billy, der Ö1-Chef Alfred Treiber “seit jeher einen der aggressivsten Orchesterfeinde des Unternehmens” nannte, aber im Gegensatz zu “Flops, die dem ORF viel Geld gekostet haben wie ‘Mitten im Achten'”, leiste das RSO hervorragende Arbeit, deren Qualität allerdings durch weitere Einsparungen ernstlich infrage gestellt wäre.

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