Rot-Blaue Landesregierung im Burgenland steht

“Wir haben ein gutes Koalitionsübereinkommen getroffen”, wo sich die Sozialdemokratie und die FPÖ wiederfänden, erklärte Niessl in einer Pressekonferenz nach Abschluss der Verhandlungen. Die Verhandler hätten “sehr, sehr viele Stunden und die Nacht auf Mittwoch durchgearbeitet” und heute ein Ergebnis gefunden, so Niessl. Man gehe davon aus, “dass dieses wirklich sehr gute Koalitionsübereinkommen in den nächsten fünf Jahren auch professionell abgearbeitet wird”.
Erste Proteste bereits bei Bekanntgabe
Es sei “auch aus demokratiepolitischen Gründen nachvollziehbar”, dass die stärkste Partei den Landeshauptmann stelle und dass die Partei, die am meisten dazugewinne, auch in einer Koalition vertreten sei. Bei den Freiheitlichen zieht neben Parteiobmann Johann Tschürtz, der Landeshauptmannstellvertreter wird, Klubdirektor Alexander Petschnig in die Landesregierung ein. Im SPÖ-Regierungsteam seien neben ihm die Landesräte Helmut Bieler und Verena Dunst “Fixstarter”, das restliche Team werde er am Montag bekannt geben, so Niessl. Kurz gestört wurde die Präsentation der neuen Partnerschaft durch einen Aktivisten der “Offensive gegen Rechts”.
SP-Parteijugend macht gegen Rot-Blau mobil
Kritik an der neuen Liaison war bereits lange vor der Verkündigung immer lauter geworden – vor allem SPÖ-interne. “KEIN gelungenes Experiment – VERRAT” war auf einem Transparent zu lesen, das an der Fassade der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße angebracht war. Gezeichnet war es von der Parteijugend, die von Anfang an gegen Rot-Blau mobil gemacht hatte. Vertreter von SJ, VSStÖ, JG und Gewerkschaftsjugend protestierten vor dem Gebäude. Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hatte zuvor die rot-blauen Pläne im Süden leidenschaftlos kommentiert und gemeint, das könne sogar ein “gelungenes Experiment” werden.
Erste Forderungen nach Parteiausschluss Niessls
SJ-Chefin Julia Herr fand die Reaktion ihres Bundesgeschäftsführers “sehr überraschend”. Dass sich der burgenländische SPÖ-Chef Hans Niessl mit seinen Koalitionspräferenzen über bestehende SPÖ-Beschlüsse hinwegsetzt, müsse “Konsequenzen” haben. Welcher Art diese sein könnten, darüber wollte sie vorerst nicht laut nachdenken. In den sozialen Medien waren schon erste Forderungen nach einem Parteiausschluss Niessls laut geworden.
Aber auch ein Altvorderer in der SPÖ hatte tags zuvor seinen Ärger über die Koalition aus SPÖ und FPÖ im Burgenland ausgedrückt. Ex-Finanzminister Hannes Androsch machte Parteichef Werner Faymann dafür verantwortlich. “Unverständnis” gab es für diese Aussagen von Bundesgeschäftsführer Darabos. Derartige Zurufe seien “mehr als entbehrlich”. Auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sieht die geplante SP/FP-Koalition im Burgenland “sehr kritisch”. Kanzleramtsminister Josef Ostermayer meinte wiederum, es handle sich um eine Entscheidung der burgenländischen SPÖ, die Niessl getroffen und zu verantworten habe.
Faymann schließt Rot-Blau auf Bundesebene aus
Bundeskanzler Faymann selbst äußerte sich ähnlich: Die Geschehnisse seien Sache der Landespartei, die Bundes-SPÖ werde diesen Weg nicht beschreiten: “Diese Konstellation kommt für die Bundespartei nicht in Frage. Meine Haltung dazu ist klar: Mit mir nicht.” Außerdem verwies der SP-Chef darauf, dass Niessl die Koalitions-Option mit der FPÖ den Wählern bereits vor dem Urnengang als Möglichkeit angekündigt hatte.
Abgewendet haben sich mehrere Personen aus Niessls Wahlkampf-Komitee: “Wenn ich meine Unterstützung zurückziehen könnte, würde ich das tun”, ärgerte sich etwa Kabarettist Lukas Resetarits. “Ich ersuche dich, überdenke dein Handeln – mit der FPÖ ist kein Burgenland zu machen”, wandte sich der Physiker und “Science Buster” Werner Gruber an Niessl. Und der Obmann des Kulturvereins Österreichischer Roma, Rudolf Sarközi, meinte nur: “Freud’ habe ich keine damit.” Ein wenig entspannter sahen die Situation Fußball-Coach Paul Gludovatz und Gastronom Max Stiegl.
Die Israelitische Kultusgemeinde äußerte hingegen ernsthafte Sorgen aufgrund der Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen im Burgenland. “Wer Wind sät, wird Sturm ernten”, warnte Präsident Oskar Deutsch und erinnerte an SPÖ-Parteitagsbeschlüsse gegen derartige Kooperationen. Zudem zog er einen geschichtlichen Vergleich: “Vergessen sind die historischen Beispiele, wo demokratiefeindliche Kräfte zuerst gewählt wurden, bevor sie die Macht an sich rissen.” Dagegen wehrte sich die FPÖ. Der Vergleich sei absolut unangebracht und beschämend, so Generalsekretär Herbert Kickl.
(APA)
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