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Rom: Wo bleibt Silvio Berlusconi?

Wo bleibt Silvio Berlusconi? Die Frage beschäftigt politische Beobachter, die über das seltsame Verhalten des italienischen Oppositionschefs rätseln. Die Sommerpause ist vorbei.

Es melden sich nun wieder Politiker zu Wort, die wochenlang in der Sommerfrische geschwiegen haben, doch Oppositionschef Silvio Berlusconi hält sich von der Politik fern. In den Urlaubswochen hat der Multimillionär mit Hang zu Spezialeffekten seine Nachbarn auf Sardinien mit einem „Vulkanausbruch“ geschockt und die Klatschzeitungen mit seinen prunkvollen Partys in seiner Villa Certosa in der renommierten Badeortschaft Porto Rotondo beglückt. Politische Themen hat er jedoch trotz der Schar von Journalisten vor dem Eingang seiner Villa sorgfältig vermieden.

„Berlusconi muss sich nach den Anstrengungen der vergangenen Monate erholen, er wird bald wieder zurück sein“, erklären die treuesten Mitarbeiter des Medientycoons. Der ehemalige Ministerpräsident, der am 29. September seinen 70. Geburtstag feiert, scheint nach dem schweren Schlag der verlorenen Parlaments- und Kommunalwahlen, sowie dem Debakel beim Referendum über die Verfassungsreform im Juni die Politik satt zu haben. Einen diese Woche geplanten Fernsehauftritt mit Vizepremierminister Francesco Rutelli im venezianischen Caorle sagte Berlusconi ab. Der offizielle Grund: Eine Verkühlung. In Linkskreisen munkelt man jedoch, dass er sich wieder einem TV-Duell entzogen habe, die er offenkundig nicht besonders liebt.

Politische Beobachter kritisierten Berlusconis Absagen. „Italien braucht eine Opposition“, meinte der politische Kommentator Sergio Romano. Es sei keine Überraschung gewesen, dass Berlusconi, der es nicht gewohnt sei zu verlieren, die knappe Niederlage bei den Parlamentswahlen im April nicht akzeptieren wollte. Es sei jedoch nicht hinnehmbar, dass Berlusconi auch noch vier Monate nach dem Urnengang schmolle. In einer guten Demokratie sei die Opposition ein wichtiger Teil der politischen Dialektik, das Mitte-Rechts-Bündnis ohne Berlusconi habe jedoch bisher mit wenigen Ausnahmen in internationalen Fragen primär Polemik produziert.

Politische Beobachter schließen nicht aus, dass der egozentrische Berlusconi nach der Wahlniederlage das Interesse an der Politik verloren habe und sich nun anderen Projekten widmen könnte. Auch eine Rückkehr des Medientycoons an die Spitze seines Fernsehimperiums wird nicht ausgeschlossen.

Verärgert ist Berlusconi angeblich auch wegen der internen Streitigkeiten in seinem Mitte-Rechts-Bündnis. Die christdemokratische UDC, die mit Berlusconi in der Allianz „Haus der Freiheiten“ verbündet ist, hat klar gemacht habe, dass die Führungsposition des TV-Zaren an der Spitze der Mitte-Rechts-Allianz nicht unangreifbar ist. „Nach einer Niederlage wechselt man, das ist weltweit üblich. Auch die Mitte-Rechts-Allianz muss wechseln“, sagte der UDC-Spitzenpolitiker, Pier Ferdinando Casini, nach Medienangaben vom Donnerstag.

Wie lange Berlusconi von der politischen Szene fern bleiben wird, ist noch unklar. Sein Verbündeter Umberto Bossi versicherte, dass er an einer Herbststrategie arbeite, um die Regierung seines Rivalen Romano Prodi stark unter Druck zu setzen. Berlusconi plane eine Massendemonstration gegen das Kabinett, das Zehntausende Menschen nach Rom bringen sollte.

Berlusconi muss sich auch wieder um seine Justizprobleme kümmern. Der spanische Ermittlungsrichter Baltasar Garzon hat beschlossen, die Ermittlungen gegen Berlusconi neu aufzunehmen. Berlusconi wird in Spanien zur Last gelegt, als Teilhaber des Privatsenders Telecinco Steuern hinterzogen und mehr Anteile erworben zu haben als erlaubt. Berlusconi steht ein schwieriger Herbst bevor.

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