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Robert Fico zum dritten Mal Ministerpräsident der Slowakei

Fico verfehlte absolute Mehrheit klar
Fico verfehlte absolute Mehrheit klar
Der slowakische Staatspräsident Andrej Kiska hat Mittwochabend die neue Regierung des linksgerichteten Ministerpräsidenten Robert Fico ernannt. Nur 18 Tage nach der Parlamentswahl vom 5. März ist der Regierungswechsel im Land damit komplett, Fico ist zum dritten Mal Ministerpräsident der Slowakei.


Das neue Kabinett des Sozialdemokraten ist die elfte Regierung in der Geschichte der souveränen Slowakei. Auf die Bildung der neuen Regierungskoalition hatten sich mit der stimmenstärksten Smer-SD (Richtung-Sozialdemokratie) drei Mitte-Rechts-Parteien geeinigt. Die Parteichefs der Smer, der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS), der Ungarnpartei Most-Hid (Brücke) und der neuen konservativen Siet (Netz) hatten erst am Dienstag definitiv den Koalitionsvertrag unterzeichnet.

Bei den Parlamentswahlen Anfang März hatte die Smer von Fico ihre bisherige absolute Mehrheit deutlich verfehlt. Insgesamt acht Parteien hatten bei der Abstimmung den Einzug in den Nationalrat der Slowakei geschafft, Beobachter sprachen von extrem schwieriger Suche nach einer Regierungsmehrheit und von einem drohenden Wahl-Patt. Die Smer war auf mindestens drei Koalitionspartner angewiesen, alle aus dem Mitte-Rechts-Lager. Dennoch gelang es Fico seine Regierungskoalition in Rekordtempo zusammenzustellen. In der Geschichte des Landes war es die zweitschnellste Regierungsbildung überhaupt.

Im Parlament wird sich die Viererkoalition von Fico auf eine bequeme Mehrheit von 81 der insgesamt 150 Mandate stützen können. Im neuen Kabinett, das Fico kurz nach der Wahl als “Kompromiss-Regierung” bezeichnete, stellt die Smer neun Minister, der SNS fallen drei Ministerposten zu, die Most bekleidet zwei und die Siet lediglich ein Ressort. Ein Großteil der bisher amtierenden Smer-Minister bleibt im Amt, die stärkste Koalitionspartei stellt zudem je einen Staatssekretär in jedem Ressort.

Das Innenministerium wird auch im neuen Kabinett Robert Kalinak leiten, das Finanzressort Peter Kazimir, das Außenministerium Miroslav Lajcak. Kulturminister bleibt Marek Madaric, Sozialminister Jan Richter. Lediglich der bisherige Umweltminister Peter Ziga wechselt ins Wirtschaftsministerium. Das einzige völlig unbekannte Gesicht ist der Parteilose Tomas Drucker, der das Gesundheitsministerium leiten wird. Der bisherige Parlamentspräsident der Smer, Peter Pellegrini, wird Vize-Premier für Investitionen.

Die SNS stellt mit Peter Gajdos den neuen Verteidigungsminister, Gabriela Matecna wird Landwirtschaftsministerin und Peter Plavcan Bildungsminister. Alt-neue Justizministerin der Slowakei wird Lucia Zitnanska von der Most-Hid, den selben Posten hatte sie bereits in der Regierung von Iveta Radicova. Umweltminister von der Most wird Laszlo Solymos. Der kleinste Koalitionspartner, die Siet des einst erfolglosen Präsidentschaftskandidaten Radoslav Prochazka, hat Roman Brecely als neuen Verkehrsminister gestellt.

Laut Fico wird seine neue Kompromiss-Regierung für Stabilität sorgen und das Land auch problemlos durch die EU-Ratspräsidentschaft führen, die die Slowakei erstmals ab Juli übernehmen wird. Tatsächlich dürften auf das neue Kabinett extrem schwierige Zeiten zukommen, neben dem drohendem Brexit wird der slowakische EU-Vorsitz auch mit der Suche nach einer gemeinsamen europäischen Lösung der Flüchtlingskrise konfrontiert sein. Premier Fico gehört zu den europaweit härtesten Kritikern der EU-Quoten zur Umverteilung von Flüchtlingen in Europa und klagt gegen den Beschluss vor Gericht.

Der 51-jährige studierte Jurist Fico, der selbst aus bescheidenen Verhältnissen in der westslowakischen Kleinstadt Topolcany stammt, hat sich dank guter Bildung, Intelligenz und viel Hartnäckigkeit bis zur politischen Spitze durchgekämpft. Schon vor der Wende versuchte sich der junge Strafrechtexperte in der Politik und trat der Kommunistischen Partei bei. Nach der Wende wechselte Fico in die Partei der demokratischen Linken (SDL) und wurde schon 1992 einer der jüngsten Parlamentsabgeordneten seines Landes. Der Politiker, der auch fließend Englisch spricht, war über sechs Jahre, bis 2000, Vertreter der Slowakei vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Der ambitionierte Jungpolitiker gründete 1998 infolge eines parteiinternen Streits in der SDL seine Smer, die in wenigen Jahren nahezu alle Gruppierungen links der Mitte vereinte und zur leitenden linken Kraft im Land wurde. Nach dem ersten Wahlsieg der Smer 2006 ging Fico eine Koalition mit dem kontroversen Nationalisten Jan Slota und dem berüchtigt bekannten Vladimir Meciar ein, wofür seine Sozialdemokraten zeitweilig aus der europäischen PES ausgeschlossen wurden. Seinen größten Erfolg verzeichnete Fico in den Neuwahlen 2012, seine Smer erhielt über 44 Prozent der Stimmen und er bildete die erste Alleinregierung der Slowakei seit der kommunistischen Ära vor 1989.

Mitten in seiner zweiten Amtszeit musste der jahrelang populärste Politiker im Land aber auch seine bisher größte politische Niederlage überhaupt hinnehmen, in der Stichwahl der Präsidentschaftswahlen 2014 unterlag er überraschend dem parteilosen Millionär Andrej Kiska. Politisch steht Fico für eine starke Rolle des Staates, betont einen Sozialstaat und Solidarität der Besserverdiener mit ärmeren Bevölkerungsschichten. Seinen Wählern versprach er, unter seiner Regierung werden die EU-Pflichtquoten in der Slowakei nie realisiert. Kritiker beklagen allerdings seinen autoritären Regierungsstil und Populismus. Die neuernannte Regierung von Fico wird sich innerhalb von 30 Tagen noch der Vertrauensfrage im Parlament stellen müssen. 

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