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Resetarits-Stunden im Orpheum

Die gegenwärtige Finanzkrise ist ein Leckerbissen für Kabarettisten: ein Thema, das man schwer greifen kann, das aber dennoch alle betrifft.

Doch billig aufgelegte Pointen sind nicht unbedingt die Sache von Lukas Resetarits. Der Altmeister erzählt viel lieber in seinem lakonisch-anekdotischen Stil mit wienerisch-weltmännischer Sprachfärbung von persönlichen Erfahrungen, enttäuschten Erwartungen und Wegen aus der Krise. Gestern, Montag, Abend feierte sein 23. Programm im Wiener Orpheum Premiere, das Publikum spendete am Ende viel Applaus.

Dabei ist “Osterreich – ein Warietee” sicher nicht das beste Programm, das Resetarits in seinen bisher 31 Berufsjahren als Kabarettist auf die Bühne gebracht hat. Die Einbettung in ein zirkus- oder varietehaftes Setting trägt nicht viel zur gesamten Struktur bei, sondern wirkt eher als Beschäftigungstherapie für den klavierspielenden Langzeitbegleiter Robert Kastler. Und dramaturgische Schwächen ließen gestern vor allem den ersten Teil etwas holprig daherkommen. Doch nach der Pause präsentierte sich der 61-Jährige textsicherer und schlagfertiger – was dem Abend und der Stimmung sehr gut tat.

Es waren im Endeffekt klassische Resetarits-Stunden, die man im Orpheum erleben durfte: hier eine ungezwungene Plauderei, da einige wunderschön erzählte Geschichten, immer wieder gut gezielte satirische Spitzen. Dass Umlaute als Fortschrittsbremsen angesehen und aus dem Sprachgebrauch getilgt werden müssen (“bestes Beispiel OMV: kaum die Stricherl weg, schon ein Weltkonzern”), dient zwar unter anderem als Namensgeber des Programms, ist aber eigentlich nur ein kleines Rädchen im unterhaltsamen Erzählungsgeflecht zwischen Tagespolitik und Aktiengeschäft.

Verschrottungsprämie und Mindestsicherung, Schaumgebäck und Haydn-Jahr, Seitenhiebe auf den ORF und eine gelungene Fiona-Parodie; daneben singt Resetarits wie ein Schlagerkönig oder balanciert auf seinem Tischchen, das neben einem Paravent und dem Klavier als einzige Kulisse dient. So unzusammenhängend das oftmals sein mag, irgendwie (gerne auch in Kalauerform) kommt Resetarits immer wieder auf die Finanzkrise und Österreich zurück: “Welche Staatsform hat Österreich?” Klar, keulenförmig. Und dass der Orangensaft in Strömen fließt, liegt wohl an “Cappy wie Kapitalismus.”

Am stärksten wurde das Programm gegen Ende, als Resetarits Wege aus der Krise und der hohen Arbeitslosigkeit vorschlug: Das AMS solle doch statt Thujen lieber Arbeitslose als lebende Zäune vermitteln, das würde die Ein- und Ehebruchgefahr stark verringern und ganze neue Flächen für Sponsoring eröffnen. Oder Menschen als Telefonwarteschleifen einsetzen, die mit den in der Leitung Wartenden singen oder Rätsel lösen könnten. Blöd nur, wenn der berühmte Song von den Animals sich für manche eher deutsch anhört: “Der Riese haust in New Orleans…”

Dass sich die Themen in den vergangenen Jahren zum Teil nicht übermäßig verändert haben, störte wohl auch gestern keinen der langjährigen Resetarits-Fans. Ganz im Gegenteil: “Osterreich – ein Warietee” ist bereits auf Wochen hinaus ausverkauft, wofür sich das Orpheum mit Schaumgebäck als Premierengeschenk bedankte. Auch mehrere Kollegen machten Resetarits gestern ihre Aufwartung, Bruder Peter und Tochter Kathrin ließen sich das neue Programm ebenfalls nicht entgehen. Und nicht zuletzt fanden auch auffallend viele junge Leute den Weg nach Wien-Donaustadt.

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