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Reizthema Impfung Teil 2 - Diese Impfstofftypen gibt es

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des VIVIT Instituts Dornbirn, informiert auf VOL.AT über die aktuellen Virus-Mutationen.
Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des VIVIT Instituts Dornbirn, informiert auf VOL.AT über die aktuellen Virus-Mutationen. ©Mündlein
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Wie funktioniert die Corona-Impfung? Was sind mRNA-Impfstoffe? Sind die neuen Präparate ausreichend erprobt? VOL.AT-Miniserie mit Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des Molekularbiologischen Labors VIVIT in Dornbirn.
Teil 1: Wie sicher sind Impfstoffe?

Teil 2: "Verschiedene Impfstofftypen"

Im Rahmen einer VOL.AT-Miniserie zum Thema "Corona-Impfung" erklärt Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein, Leiter des Molekularbiologischen Labors VIVIT in Dornbirn, wissenschaftliche Hintergründe zum Thema, das aktuell wohl wie kein anderes die Schlagzeilen beherrscht. Im zweiten Teil spricht der Genetiker und Molekularbiologe über die verschiedenen Impfstoffe und ihre Wirkung.

VOL.AT: Welche Impfstoffe werden laut aktuellem Stand in Österreich zum Einsatz kommen?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Wie es derzeit aussieht, wird der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer zuerst zugelassen. Die EMA will am 29. Dezember ein entsprechendes Urteil abgeben, danach wird die EU-Kommission die offizielle Zulassung erteilen. Die Zulassungen des ebenfalls auf mRNA basierenden Impfstoffes von Moderna und der Vektorimpfstoff der Kooperation zwischen der Uni Oxford und AstraZeneca folgen vermutlich in den darauffolgenden Wochen. Die WHO zählt über 200 zusätzliche Impfstoffprojekte, sodass mit weiteren Kandidaten zu rechnen ist. Mittelfristig werden somit nicht nur mehr Impfstoffmenge, sondern auch andere Impfverfahren, wie die Totimpfung, zur Verfügung stehen. Auch werden bereits zugelassene Impfstoffe weiter entwickelt. So soll der bei -70 °C zu lagernde mRNA Impfstoff von Biontech/Pfizer temperaturstabiler gemacht werden, um auch in haushaltsüblichen Kühlschränken aufbewahrt werden zu können.

VOL.AT: Wie unterscheiden sich Lebend-, Tot-, Vektor- oder RNA-Impfstoffe?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Das Prinzip einer (aktiven) Impfung besteht darin, unserem Immunsystem eine Infektion vorzutäuschen, damit dieses durch die Bildung von Antikörpern und antikörperbildenden Zellen bei einer echten Infektion möglichst rasch auf diese reagieren kann. Die Antikörper binden hierbei an die als fremdartig erkannten Proteine des Erregers, die sogenannten Antigene, und können diesen dadurch neutralisieren. Lebend- und Totimpfstoffe zählen zu den klassischen Impfstoffen. Bei den Lebendimpfstoffen wird eine geringe Menge eines vermehrungsfähigen, aber abgeschwächten und nicht mehr krank machenden Erregers verabreicht. Lebendimpfstoffe werden beispielsweise gegen die früher typischen Kinderkrankheiten Masern, Mumps und Röteln eingesetzt und halten meist ein Leben lang. Ein Lebendimpfstoff ist aber auch der über die Nase verabreichte und für Kinder zugelassene Grippeimpfstoff. Bei den Totimpfstoffen werden abgetötete Krankheitserreger oder nur deren Bestandteile geimpft. Totimpfstoffe wie gegen Hepatitis B oder gespritzt gegen Grippe haben eine begrenzte Haltbarkeit und müssen aufgefrischt werden. Auch Totimpfstoffe gegen COVID-19 sind in der Entwicklung, wie von der Wiener Firma Valneva. Vektor- und mRNA-Impfstoffe sind genbasierte Impfstoffe. Beide schleusen den Bauplan für ein spezifisches Antigen des Erregers in die Körperzellen ein, welche dieses darauf hin herstellen und freisetzen. Das von den eigenen Zellen hergestellte Erregerprotein wird jedoch als fremd erkannt und das Immunsystem beginnt mit der Bildung entsprechender Antikörper. Bei einem Vektorimpfstoff wird ein abgeschwächtes, an sich harmloses Virus, mit einem zusätzlichen Gen des betreffenden Erregers versehen und als Transportvehikel in die menschliche Zelle benutzt. Die DNA der befallenen Zellen bleibt unverändert. Im Fall des kurz vor der Zulassung stehenden Vektorimpfstoffes aus der Kooperation der Uni Oxford mit AstraZeneca wird ein bei Schimpansen auftretender, modifizierter Adenovirus verwendet. Auch der russische Impfstoff Sputnik V ist ein Vektorimpfstoff. Vektorimpfstoffe sind bereits für die Behandlung von Ebola und Dengue-Fieber zugelassen. Zu den mRNA-Impfstoffen zählen die demnächst zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. mRNA steht für messenger- oder Boten-RNA und stellt die Transportform der Erbinformation für die Proteinbiosynthese in der Zelle dar. Die im Impfstoff enthaltene mRNA enthält die Information für den Zusammenbau eines Coronavirusproteins, gegen dieses die Immunantwort einsetzt. Um die kurzlebige mRNA vor vorzeitigem Abbau körpereigener Enzyme zu schützen, wird diese für die Impfung in kleinste Fettkapseln verpackt, welche von den Zellen aufgenommen werden können. Im Zellinneren wird die mRNA freigesetzt und das Virusprotein hergestellt. Die kurz vor der Zulassung stehenden mRNA Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna werden die ersten zugelassenen Impfstoffe dieser Art sein.

VOL.AT: Wie angesprochen wird zum ersten Mal ein mRNA-Impfstoff auf den Markt kommen. Gerade in Bezug auf diesen Impfstoff herrscht große Skepsis. Müssen wir Angst haben, dass dieser Impfstoff Auswirkungen auf unser Erbgut hat?

Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein: Die Annahme, dass ein mRNA-Impfstoff Auswirkungen auf unser Erbgut hat, beruht vermutlich auf Missverständnissen und kann aus mehreren Gründen ausgeschlossen werden. Unser Erbgut besteht nicht aus mRNA, sondern aus doppelsträngiger DNA, welche sich im Zellkern befindet. Der mRNA des Impfstoffes müsste demnach in eine solche ungeschrieben und in den Zellkern transportiert werden. Die hierfür erforderlichen Enzyme, die Reverse Transkriptase und Integrase, kommen aber weder beim Menschen noch beim Coronavirus vor. Tatsächlich können aber manche Viren, wie das Aids verursachende HI-Virus, die Sequenz einer RNA nach Umschreiben in eine doppelsträngige DNA in das Erbgut einer Wirtszelle integrieren. Dass dies bei HIV infizierten Patienten mit einem mRNA Impfstoff erfolgen kann, ist jedoch nicht möglich, da andere Zelltypen betroffen sind und HI-Viren nur ihre eigene RNA umschreiben. Auch würde eine unter Laborbedingungen hergestellte Zelle mit einer ins Genom integrierten Sequenz der Impfstoff mRNA im Körper kaum Schaden anrichten, da diese nur einen ungefährlichen Ausschnitt des Virus darstellt. Im Gegensatz zu einer Krebszelle besitzen diese auch keinen Überlebensvorteil gegenüber anderen Zellen und sterben früher oder später ab. Das Coronavirus aber auch viele harmlose und häufig auftretenden Viren, wie die Schnupfen verursachenden Rhinoviren, transportieren ohnehin auch ihre RNA in menschliche  Zellen, welche sich nicht in unser Erbgut integrieren. Wieso sollte dies also ausgerechnet eine viel instabilere mRNA eines Impfstoffs tun. Zudem sind unsere Körperzellen voller eigener mRNA, welche sich auch nicht zurück in den Zellkern bringen lassen. Unser Genom würde ansonsten aus allen Nähten platzen. Kurzum, die Angst einer Veränderung unseres Erbguts durch einen mRNA Impfstoff ist unbegründet.

Im dritten Teil der Serie informiert Priv.-Doz. Dr. Dr. Axel Mündlein über Risiken, Impfpflicht sowie Fake-News rund um die Impfung, morgen auf VOL.AT.

Alle Infos zur Corona-Pandemie auf VOL.AT

(VOL.AT)

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