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Rechtsextremisten in Mord an Christen in Malatya verwickelt

Die türkischen Behörden gehen laut einem Zeitungsbericht einer möglichen Verwicklung rechtsgerichteter Extremisten in den Christenmord von Malatya nach.

Im Kalender eines Mannes, der die mutmaßlichen Mörder dreier Christen in der ostanatolischen Stadt aufgestachelt haben soll, seien Hinweise auf führende Mitglieder der rechtsextremen Vereinigung “Ergenekon” gefunden worden, berichtete laut Kathpress die regierungsnahe Zeitung “Zaman” am Donnerstag. Die Staatsanwaltschaft in Istanbul wirft mehreren ehemaligen Armeegenerälen vor, sie hätten in der Organisation “Ergenekon” das Ziel verfolgt, mit Hilfe von Terroranschlägen und Attentaten einen Militärputsch gegen die konservativ-islamische Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zu provozieren.

Der Pastor der protestantischen Gemeinde von Malatya, Necati Aydin, sowie zwei Mitarbeiter eines kleinen evangelischen Verlags, Ugur Yüksel und der deutsche Staatsbürger Tilman Geske, waren im April 2007 in Malatya von Jugendlichen zu Tode gefoltert worden. Im Prozess gegen die mutmaßlichen Täter, der am Donnerstag fortgesetzt wurde, hatte der Hauptangeklagte Emre Günaydin ausgesagt, er sei von einem Bekannten namens Varol Bülent Aral zu der Tat aufgestachelt worden. Aral habe argumentiert, christliche Missionare wollten die staatliche Einheit der Türkei zerstören. Unter anderem habe er gesagt, der “Staat” werde den Mördern helfen. Diese Aussage wurde in der türkischen Öffentlichkeit als Hinweis auf die Verwicklung des “tiefen Staats” (wie in der Türkei die verschiedenen Geheimdienste und ihre Verbindungsleute in den Sicherheits- und Justizbehörden genannt werden) in das Blutbad von Malatya gedeutet.

In Arals Kalender wurde laut dem “Zaman”-Bericht unter anderen der Ex-General Veli Kücük erwähnt, der als Kopf von “Ergenekon” gilt. Aral selbst habe im Verhör erklärt, die Aufzeichnungen in seinem Kalender seien als Notizen für einen Roman gedacht. Laut Anklage betrachteten die mutmaßlichen Mörder die Christen als Teil einer von den USA und Israel eingefädelten “Verschwörung”, die zum Ziel habe, “den Islam und die türkische Nation zu schwächen”. Christliche Missionstätigkeit ist in der Türkei nicht verboten, wird aber von Nationalisten und vielen Behördenvertretern mit großem Argwohn betrachtet. 2006 hatte ein Jugendlicher den katholischen Priester Andrea Santoro in der Schwarzmeerstadt Trabzon (Trapezunt) erschossen.

Die Europäische Kommission hatte von der Türkei das Ende der Benachteiligung nichtmuslimischer Religionsgemeinschaften verlangt. Die deutschen Kirchen hatten die deutsche Bundesregierung aufgefordert, der Türkei deutlich zu verstehen zu geben, dass sie in ihrem Streben nach EU-Mitgliedschaft nicht umhinkommen werde, den religiösen Minderheiten die Rechte zu gewähren, die von Muslimen in EU-Staaten selbstverständlich in Anspruch genommen werden. Der türkischen Regierung wird auch vorgeworfen, den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., der im Phanar in Istanbul residiert, massiv unter Druck zu setzen.

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