AA

Rechtschreibung: Eltern gegen „Kasperltheater“

Auch nach einer Woche hat sich die von Axel Springer AG, Spiegel-Verlag und Süddeutschem Verlag losgetretene Debatte um die Rechtschreibreform noch nicht beruhigt.

Am Donnerstag forderte „Krone“-Herausgeber Hans Dichand alias „Cato“ in einem in alter Rechtschreibung verfassten und mit „Schluß damit“ betitelten Kommentar ein Abgehen von der Reform. Wenig Freude hat damit der Dachverband der Elternvereine an den Pflichtschulen – für dessen Vorsitzenden Kurt Nekula ist das Hin und Her ein „Kasperltheater“ und gehe an den eigentlichen Sorgen der Eltern vorbei.

„Cato“ bezeichnete die „in überflüssiger bürokratischer Regelungswut“ entstandene Reform als „großen Fehler“: „Jetzt bleibt nicht mehr viel Zeit, ihn gutzumachen, denn im August nächsten Jahres wird der uns aufgezwungene Irrsinn verbindlich.“ Der Rest des Blattes folgt allerdings nach wie vor den neuen Schreibregeln – Chefredakteur Michael Kuhn hatte erst am Freitag betont, dass die „Krone“ „zähneknirschend“ bei der Reform bleiben werde.

Ganze „Heerscharen“ an Schülern hätten mittlerweile nach den neuen Regeln gelernt, meinte Nekula: „Man ist den Weg weit gegangen, jetzt sollte man ihn kontinuierlich weitergehen.“ Eine weitere Vereinfachung der Regeln wäre zwar durchaus in Ordnung – ein „Zurückgehen auf Feld eins halte ich aber für verwirrend und kontraproduktiv“. Auch die mediale Aufregung um das Thema er für überzogen: Die Rückmeldungen der Eltern dazu seien im Vergleich zu anderen bildungspolitischen Themen „praktisch null“ gewesen.

Nicht weit genug geht hingegen der SP-nahen Aktion Kritischer SchülerInnen (AKS) die laufende Debatte. Sie will eine neue Rechtschreibreform: Die Schriftsprache solle der gesprochenen Sprache angepasst und die Großschreibung – ausgenommen Eigennamen und Satzanfang – generell abgeschafft werden. Weiters schlug die Schülervertreterin in einer Aussendung vor, das stumme h und das “ß“ zu streichen. Genug von der Diskussion haben die Wiener Grünen: „Die Politik ist nicht dazu da, die SchülerInnen zu sekkieren. Der Erste, der wirklich dafür ist, dass für die österreichischen SchülerInnen wieder die alte Schreibweise zu gelten hat, soll die Hand heben und dann einige triftige Argumente dafür anführen“, so Schulsprecherin Susanne Jerusalem.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat unterdessen erneut einen Alleingang des Hauses ausgeschlossen. „Wir werden vor einer Entscheidung intensiven Kontakt zu unseren Kunden, aber auch zu den anderen deutschsprachigen Nachrichtenagenturen suchen“, sagte Chefredakteur Wilm Herlyn.

Unverständnis über die Debatte in Deutschland äußerte der Präsident der Schweizer Erziehungsdirektorenkonferenz, Hans Ulrich Stöckling: „Ich habe etwas Mühe mit der Diskussion in Deutschland.“ Für eine Rücknahme der Reform plädierte hingegen der stellvertretende Vorsitzende des Kulturausschusses des deutschen Bundestags, Peter Gauweiler (CSU). Es sei „unerträglich, dass die Kultusminister einerseits Schüler bei Nichteinhaltung der neuen Regeln durchfallen lassen, andererseits kein Bundesland in der Lage ist, die Regelungen im täglichen Leben durchzusetzen.“ Der saarländische Bildungsminister Jürgen Schreier (CDU) wiederum hat sich für eine Mischform aus alter und neuer Rechtschreibung ausgesprochen: Die geltende Übergangsregelung, die es erlaubt, die alte neben der neuen Rechtschreibung zu praktizieren, solle auf Dauer beibehalten werden.

  • VOL.AT
  • Welt
  • Rechtschreibung: Eltern gegen „Kasperltheater“