Die Konfliktparteien in der Ukraine machen sich zuvor in einem regelrechten Propaganda-Krieg gegenseitig für die Katastrophe verantwortlich. Von der ukrainischen Regierung verbreitete Informationen legen nahe, dass prorussische Separatisten die Passagiermaschine mit einem ukrainischen Militärflugzeug verwechselt und deshalb abgeschossen haben könnten.
Flugzeug verwechselt?
Der in Amsterdam gestartete Flug MH17 befand sich gerade über der Region um Donezk, als das Flugzeug um 15.20 Uhr (MESZ) vom Radar verschwand. Nur 17 Minuten später schrieb der Verteidigungsminister der von den Separatisten ausgerufenen “Republik Donezk”, Igor Strelkow, auf der russischen Internetplattform VKontakte: “Wir haben gerade eine An-26 abgeschossen” – ein Transportflugzeug aus sowjetischer Produktion, das auch im Dienst der ukrainischen Luftwaffe steht.
Neben dem Eintrag auf dem sozialen Netzwerk war Videomaterial zu sehen, das stark den Aufnahmen vom Absturzort der malaysischen Maschine ähnelte. Zudem schrieb Strelkow, das von den Rebellen abgeschossene Flugzeug sei nahe der Mine Progress niedergegangen – unweit der Absturzstelle von MH17.
Kiew hatte zuletzt mehrfach beklagt, dass die Separatisten ukrainische Militärflugzeuge abgeschossen hätten, darunter Mitte Juni auch eine Antonow-26. Am Montag hatte das ukrainische Militär dann Russland vorgeworfen, eine Transportmaschine vom Typ An-26 abgeschossen zu haben. Am Donnerstag meldete die Kiew dagegen keinen derartigen Verlust.
Telefonmitschnitte verbreitet
Strelkows Eintrag auf VKontakte wurde kurze Zeit später wieder gelöscht. Die ukrainische Armee hatte den Post da aber schon aufgezeichnet und in einer englischsprachigen Übersetzung an die Presse weitergeleitet.
Zudem verbreitete der ukrainische Geheimdienst SBU Telefonmitschnitte zwischen zwei Rebellenführern, die abgehört worden seien. In den Tonaufnahmen sagt einer der beiden Abgehörten: “Es waren die Burschen von der Straßensperre Tschernuchin, die das Flugzeug abgeschossen haben, Major.” Am anderen Ende der Leitung fragt jemand: “Ja und, Grek?” Die Antwort: “Es war ein zu hundert Prozent ziviles Flugzeug.”
Die Separatisten bestreiten, dass sie überhaupt in der Lage gewesen wären, eine in zehn Kilometern Höhe fliegende Maschine abzuschießen. Doch einige Stunden vor dem Absturz hieß es noch auf dem Twitter-Konto der “Republik Donezk”, die Rebellen hätten der ukrainischen Armee Boden-Luft-Raketen vom Typ Buk entwendet. Auch dieser Eintrag wurde wieder gelöscht. Die ukrainische Armee hatte noch vor dem Absturz der Boeing 777 bestätigt, dass die Separatisten über Buk-Raketen verfügten. Diese können nach Herstellerangaben Ziele in bis zu 25 Kilometern Höhe treffen.
Putin als Ziel der Rakete?
In Russland berichteten Fernsehsender indes über Augenzeugen, die ein zweites Flugzeug über der Absturzstelle gesehen haben wollen. Der Perwy-Kanal mutmaßte, dass eine ukrainische Militärmaschine in den Absturz von MH17 verwickelt gewesen sein könnte, wobei das ukrainische Flugzeug wiederum wenig später von den pro-russischen Separatisten abgeschossen worden sein könnte. “Bisher wissen wir nicht, wo das Flugzeug ist”, berichtete der Sender. Einheimische hätten einen Menschen mit Fallschirm in der Region abspringen sehen.
MH17 flog nur knapp über Sperrzone
Das Passagierflugzeug der Malaysia Airlines ist nach Angaben der Fluggesellschaft niedriger geflogen als eigentlich geplant. Beantragt sei eine Flughöhe von 35.000 Fuß (10.700 Meter) gewesen. Die ukrainische Flugsicherung habe aber angewiesen, auf 33.000 Fuß zu fliegen. Das teilte Malaysia Airlines am Freitag via Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Bis Freitag war der Luftraum über der Kampfzone oberhalb von 9.750 Metern für internationale Flüge frei. Nach dem Absturz der MH17 wurde der gesamte Luftraum in der Konfliktregion gesperrt. Die AUA und andere Fluggesellschaften hatten schon kurz zuvor bekannt gegeben, den Osten der Ukraine nicht zu überfliegen.
Auf der Suche nach Gründen für den Absturz hat Malaysia Airlines auf den technisch einwandfreien Zustand des Flugzeugs verwiesen. Das Wartungsbuch sei in Ordnung gewesen und die Boeing 777 habe “normal funktioniert”, sagte der Vize-Präsident für das Europa-Geschäft des Unternehmens, Huib Gorter, am niederländischen Flughafen Schiphol. Demnach ist die Maschine seit 17 Jahren im Einsatz und war zuletzt am 11. Juli überprüft worden.
Für Malaysia Airlines handelt es sich um die zweite Tragödie innerhalb weniger Monate. Erst Anfang März war der Flug MH370 mit 239 Menschen an Bord auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking verschwunden. Das Schicksal der Maschine ist bis heute nicht geklärt.
Letztes Video aus dem Flugzeug
Am Freitag sind vermutlich die letzten Aufnahmen aus dem Flieger aufgetaucht. Sie zeigen Menschen kurz vor dem Start, wie sie ihr Handgepäck verstauen.
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