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"Ratten-Gedicht": Rendi-Wagner bittet VdB um Hilfe gegen Regierung

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SPÖ und Grüne in Oberösterreich haben am Dienstag in der "Ratten-Gedicht"-Affäre um den zurückgetretenen Braunauer Vizestadtchef Christian Schilcher (FPÖ) weitere Konsequenzen gefordert. In einem offenen Brief bittet SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sogar VdB um Hilfe.
Braunauer Vizebürgermeister tritt ab

Es sei Zeit, die Koalition mit der FPÖ aufzukündigen. Die SPÖ verlangte zudem den Rücktritt von FP-Landesparteichef LHStv. Manfred Haimbuchner. Rot und Grün orten ein System, die Grenzen des Sagbaren bewusst zu verschieben.

Historische Belastung

Beide Parteien wiesen in eilig einberufenen Pressekonferenzen am Dienstag auf die historische Belastung des Vergleichs zwischen Menschen und Ratten hin. SPÖ-Landesparteivorsitzende Birgit Gerstorfer und der rote Klubobmann Christian Makor erinnerten etwa an den NS-Propagandafilm “Der ewige Jude”, in dem Bilder von Ratten hart geschnitten auf jene mit Menschen mit ausländischem Aussehen gezeigt werden.

Die “Hetzschrift” der Braunauer FPÖ, die als Postwurf an jeden Haushalt in der als Hitler-Geburtsstadt ohnehin historisch belasteten Innviertler Bezirkshauptstadt gegangen sei, sei schließlich “in der Landespartei verlegt und gedruckt” worden, so Gerstorfer. Daher finde man ihrer Ansicht nach “mit einer Distanzierung nicht das Auslangen”. Die FPÖ habe keinen “Narrensaum”, wie Haimbuchner es bezeichne, sondern sie sei “das Zentrum dieser Grauslichkeiten”.

“Fassungslos”

Makor zeigte sich “fassungslos”, vor allem darüber, “was jetzt und heute möglich ist” zu sagen. Er verwies auch auf von der Linzer FPÖ in Abrede gestellte Verbindungen zu den Identitären oder eine auf Youtube abrufbare Rede von FPÖ-Landesrat Elmar Podgorschek vor der AfD in Sachsen. Gerstorfer erwartet sich von Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) entweder ein Ultimatum an seinen Koalitionspartner FPÖ – “als harmlose Variante” – oder aber gleich eine Beendigung der Zusammenarbeit. Angesprochen auf die rot-blaue Koalition in der Stadt Linz sieht sie diese “genauso problematisch”, auch wenn sie in dem Fall keine Aufkündigung verlangte.

Für den Grünen Landessprecher Stefan Kaineder ist die SPÖ-Forderung daher nur “mittelmäßig glaubwürdig”. Man könne verlangen, dass Köpfe rollen, aber “an der Gesamtsituation wird das nichts ändern”. Er forderte ausdrücklich die Beendigung aller Koalitionen mit der FPÖ – von der SPÖ ebenso wie von der ÖVP. Für ihn steht fest: “Es geht um die Zukunft der liberalen Demokratie.” Das “Metaprogramm” der FPÖ habe Podgorschek in seiner Rede vor der AfD vorgetragen, “wir haben es auf Video”, so Kaineder.

Das Unsagbare sagbar machen

Auch der Grüne Klubobmann Gottfried Hirz befürchtet, dass die FPÖ “so etwas wie ein autokratisches System errichten will”. Die FPÖ bediene sich dazu einer Taktik, die laute: “Das Unsagbare sagbar machen.” Allerdings gebe es auch Mehrheiten ohne die FPÖ, so Hirz. Im oberösterreichischen Proporzsystem würde eine Aufkündigung des Arbeitsübereinkommens zwar an der Zahl der blauen Regierungssitze nichts ändern, aber man könne auch mit freien Mehrheiten arbeiten oder Landesräten Kompetenzen nehmen. Allerdings regieren ÖVP und FPÖ in Oberösterreich bequem mit einer Zweidrittel-Mehrheit.

Schreiben an Van der Bellen

Gerstorfer will – wie SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner – ein Schreiben an Bundespräsident Alexander Van der Bellen richten und ihn ersuchen, Konsequenzen zu ziehen. Wie genau diese aussehen sollen, war aber noch unklar. Kaineder hält es für “sehr billig, von anderen zu fordern, Konsequenzen zu ziehen und es selbst nicht zustande zu bringen”, wie er unter Anspielung auf rot-blaue Koalitionen im Burgenland und in Linz sagte. Die verfassungsmäßige Verantwortung liege in diesem Fall bei den Parlamenten, so der Grüne Landessprecher.

Rücktritt “alternativlos”

ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer begrüßte am Dienstag den Rücktritt Schilchers. Dieser sei “alternativlos” gewesen. “Ein derartig widerwärtiges Gedicht hat in Oberösterreich keinen Platz und wird auch nicht toleriert.” Es sei “gut und richtig, dass die FPÖ diesen Schritt gesetzt hat”, so Hattmannsdorfer.

ÖVP, SPÖ und Grüne in Braunau bezeichneten den “Ratten”-Artikel der FPÖ in einer gemeinsamen Presseaussendung als “vollkommen inakzeptabel”. Gerade im Hinblick auf das historische Erbe der Stadt brauche es besondere Sensibilität. “Der Inhalt, die gewählte Diktion und die angeführten Vergleiche sind aufs Schärfste zurückzuweisen und entsprechen in keiner Weise den von der Stadt Braunau am Inn vertretenen Werten”, hieß es in der Erklärung.

(APA)

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