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Ratifizierung des Lissabon-Vertrags nicht fix

Mit der Unterzeichnung des „Vertrags von Lissabon“ setzen die EU-Staats- und Regierungschefs am kommenden Donnerstag einen weiteren wichtigen Schritt aus der EU-Institutionen-Krise.

Erledigt ist sie damit noch nicht: Um wie geplant 2009 in Kraft zu treten, muss der neue EU-Vertrag in allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden, zumindest in Irland ist dafür ein Referendum notwendig, Dänemark will diese Woche darüber entscheiden. Doch auch in den übrigen EU-Staaten, darunter Österreich, die sich für eine Ratifizierung durch ihre jeweiligen nationalen Parlamente entschieden haben, mehren sich die Stimmen, die eine Volksabstimmung fordern.

In Irland sagten in einer Umfrage Anfang November nur 25 Prozent „ja“ zu dem Reformwerk, 62 Prozent hatten keine Meinung, zwölf Prozent lehnten es ab. Ein Datum für das Referendum steht noch nicht fest, laut Regierungschef Bertie Ahern ist es aber wahrscheinlich, dass es in der ersten Jahreshälfte 2008 stattfindet. Für Unruhe sorgte zuletzt die Ankündigung von Rechtsparteien im EU-Parlament – allen voran von dem Chef der rechtsradikalen französischen Front National, Jean Marie Le Pen – sie würden auf die grüne Insel kommen und gegen den EU-Vertrag kämpfen.

Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen will morgen, Dienstag, bekannt geben, ob sein Land über den neuen EU-Vertrag abstimmen wird. Das dänische Justizministerium hat in einem Gutachten festgestellt, dass er keine Abtretung weitere Souveränitätsrechte an Brüssel enthalte und daher verfassungstechnisch auch kein Referendum notwendig sei. Damit könnte die Ratifizierung im Parlament erfolgen.

Allerdings hat vor allem die rechtspopulistische Dänische Volkspartei, auf deren Unterstützung die Minderheitsregierung Fogh Rasmussens auch nach den Parlamentswahlen von Mitte November angewiesen ist, bisher vehement einen Volksentscheid eingefordert. Die Dänen haben schon den Maastricht-Vertrag 1992 abgelehnt und erst im zweiten Anlauf zugestimmt, allerdings mit weitreichenden Ausnahmen.

Mit einer Kampagne für ein Referendum sieht sich auch der britische Premier Gordon Brown konfrontiert, was die Regierung allerdings klar ablehnt. Das Argument der Befürworter: Der neue Vertrag ist fast identisch mit der EU-Verfassung und zu dieser hatte Browns Amtsvorgänger Tony Blair den Briten eine Abstimmung versprochen.

In Österreich nützen BZÖ und FPÖ die EU-skeptische Stimmung und werfen der Regierung vor, den Vertrag am Volk vorbeischwindeln zu wollen. Ihr Argument für ein Referendum: Der Vertrag stelle eine Gesamtänderung der Verfassung dar, daher muss darüber abgestimmt werden.

Frankreich, Deutschland, und Slowenien haben bereits angekündigt, sie wollten unter den ersten Ländern sein, die den Vertrag ratifizieren. Um die Stimmung in der EU nicht zu verschlechtern, wurde laut Medienberichten sogar in der EU-Kommission die Devise ausgegeben, Reizthemen wie die EU-Erweiterung in der Ratifizierungsphase möglichst nicht anzugehen. Zuletzt wurde laut Ratskreisen sogar eine dringende Novelle der Arbeitszeitregeln neuerlich aufgeschoben, weil dieses Thema für Großbritannien besonders heiß ist.

Die ursprünglich geplante EU-Verfassung war im Frühjahr 2005 am Nein der Niederländer und Franzosen gescheitert. Im Oktober 2007 einigten sich die Staats-und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedsstaaten auf ihrem Lissaboner Gipfel auf einen neuen Text. Dass der Vertrag von Lissabon neuerlich abgelehnt werden könnte, will derzeit niemand auch nur denken, denn einen „Plan B“ gibt es auch diesmal nicht.

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