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Qualitätssprung des roten Hirschen

"Es gab nicht viel, das ich anders machen würde." (Werner Zünd, Hotelier Hotel Hubertus)
"Es gab nicht viel, das ich anders machen würde." (Werner Zünd, Hotelier Hotel Hubertus) ©Wolfgang Schlocker
Mellau. Die wundersam modulare Verwandlung des Mellauer Hotels Hubertus durch Architekt Johannes Kaufmann von einem Drei- in ein Viersternehaus.
Bilder: Das Hotel Hubertus

Eigentlich wollte Werner Zünd in seinem Hotel ja nur einen Lift einbauen lassen. Dieser war schon bestellt, in 14 Tagen sollte mit dem Einbau begonnen werden. Und dann passierte es: Der Mellauer Hotelier sah ganz zufällig in der Zimmerei von Michael Kaufmann fix und fertig montierte Holzboxen, die in kürzester Bauzeit vor Ort eingebaut werden können. Werner Zünd, der schon länger mit einer Vergrößerung bzw. Modernisierung seines Hauses liebäugelte, bestellte kurzerhand die Handwerker ab und engagierte Johannes Kaufmann – den Bruder des Zimmerers – als seinen Architekten. Um von ihm in nur elf Wochen Bauzeit sein Hotel Hubertus um 16 Zimmer auf nun 35 erweitern zu lassen inklusive einer neuen Rezeption und einem Wellnessbereich. Neu eingerichtet wurden außerdem die bereits bestehende Jägerstube und ein kleiner Speisesaal. Ein Facelifting, das dem Haus einen sichtbaren Qualitätsschub eingebracht hat, der sich nicht zuletzt in der Zuerkennung eines vierten Sterns äußert.

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Corrected by Zoli ©Bauteile Die einzelnen Bauteile des Hotels Hubertus sind von außen klar ablesbar. Der verschindelte Bestand aus den 60er-Jahren, der horizontal verschalte aufgeständerte Zubau von 1996 und der mit vertikalen Lamellen versehene Neubau. Foto: Wolfgang Schlocker

Nach dem Bau der Mellauer Bergbahnen wurde das in unmittelbarer Nähe der Talstation gelegene, aus den 60er-Jahren stammende Wohnhaus der Zünds zum Hotel Hubertus um- bzw. weitergebaut. Dominiert von einem mächtigen Giebel, der das Haus markant aus der heterogen gewachsenen dörflichen Struktur heraushebt. Nicht zuletzt durch den dem Haus vorgelagerten Zubau für einen großen Speisesaal, den Johannes Kaufmann bereits 1996 gemeinsam mit Oskar Leo Kaufmann dem Altbau als schlichte, horizontal hölzern verschalte, aufgeständerte Kiste vorgesetzt hatte.

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Corrected by Zoli ©Klare Farben und pure Materialien dominieren die neu gestaltete Rezeption. Die Decke und die meisten Wände sind aus Holz, obwohl dieser Teil des Neubaus in Massivbauweise errichtet wurde. Foto: Wolfgang Schlocker

Beim nunmehrigen Umbau wurde der ganz alte Teil des Hauses geschliffen, um Platz für den viergeschoßigen Neubau zu machen, der sich reizvoll an den Bestand anschmiegt. Wobei von außen immer klar ablesbar bleibt, was was bzw. von wann ist. Indem etwa die über dem in Massivbauweise ausgeführten Erdgeschoß gestapelten Holzboxen nicht wie der Altbestand verschindelt, sondern vertikal mit Lamellen im gleichen Holz verkleidet wurden. Als sichtbarer Ausdruck der Philosophie des Hauses: „Bewahrung der Tradition mit einem guten Schuss Moderne“, so Werner Zünd. Ein Rezept, das sich bewährt hat, wie die Resonanz der Gäste beweise.

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2_2_DSC_5405 ©Fix und fertig vorfabriziert wurden die inklusive Bad je 25 Quadratmeter großen Zimmer-Module. Die Einrichtung ist ebenso funktionell wie durch den Einsatz von viel Holz heimelig. Foto: Wolfgang Schlocker

Da der Umbau des Hotels Hubertus in der kurzen Spanne zwischen dem Ende der Winter- und dem Beginn der Sommersaison des Jahres 2012 geschehen musste, war es unerlässlich, möglichst viele der neuen Elemente inklusive der Leerrohre für die Installationen vorzufertigen. Etwa die 16 Module für die neuen Zimmer. Jeder der inklusive Bad 25 Quadratmeter großen Einheiten ist identisch, jedes Detail durchdacht, jeder Quadratzentimeter optimal ausgenützt. Die Böden und Möbel sind aus Eiche, die Decke aus Fichtenholz, die Wände sind weiß. Jedes der Zimmer hat einen Balkon. Richtung Süden sind die Balkone durchgehend, gegen Westen wie Körbe den Modulen vorgehängt. Der Einheitlichkeit wegen bekam auch das Bestandsgebäude neue Balkongeländer verpasst. Aus vorgefertigten Modulen gebaut, sind auch der hölzerne Aufzugsschacht genauso wie die luxuriös ausgestattete Wellnessbox im dritten neuen Obergeschoß. Ebenfalls neu ist das alle Stockwerke im Alt- wie Neubau verbindende Treppenhaus.

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2_5_DSC_5353 ©Aus hölzernen Modulen gebaut ist auch der komplett mit diversen Saunen, Infrarotkammern und einem großen Liegeraum ausgestattete Wellnessbereich ganz oben im Neubau. Foto: Wolfgang Schlocker

Da der Neubau gegenüber dem bestehenden Gebäude etwas zurückversetzt wurde, entstand ein kleiner Vorplatz vor dem neuen Haupteingang. Durch den der Gast zur komplett umgestalteten Rezeption bzw. Lounge gelangt. Schnörkellos moderne Gediegenheit ist hier angesagt, ohne darauf zu vergessen, wo man sich hier befindet: nämlich in einem Haus, das den Namen des heiligen Hubertus trägt, dessen Attribut bekanntlich der Hirsch ist. Weshalb nicht nur Geweihe in so ziemlich allen öffentlichen Bereichen hängen, sondern ein mehr oder weniger großer roter Hirsch als Logo für das Haus allgegenwärtig ist. Der vor fast 20 Jahren gebaute große Speisesaal mit seiner prächtigen hölzernen Kassettendecke blieb in seiner zeitlos gültigen Klassik unangetastet, bekam allerdings einen neuen „kleinen Bruder“.

Daten und Fakten

Objekt: Hotel Hubertus, Mellau
Bauherr: Familie Katja und Werner Zünd
Architektur: Johannes Kaufmann Architektur, Dornbirn, www.jkarch.at
Projektleitung: Wolfgang Ritter
Statik: Mstr. Ing. Norbert Gsteu, Feldkirch; merz kley partner ZT, Dornbirn (Holzbau)
Fachplaner: Bauleitung: Jürgen Haller, Mellau; Bauphysik: GM Bauphysik, Schwarzenberg; Elektroplanung: Elmar Lingg, Schoppernau
Grundstücksfläche: 1861 m²
Bebaute Fläche: 687 m²
Nutzfläche: 2630 m²
Umbauter Raum: 11.000 m³
Planung: 2010–2012
Ausführung: 4/2012–6/2012
Ausführende Firmen: Holzbau: Kaufmann Zimmerei & Tischlerei, Reuthe; Baumeister: Erich Moosbrugger Bau GmbH, Andelsbuch
Energieausweis: 24 kWh/m² im Jahr (Heizwärmebedarf)

Quelle: VN/ Leben&Wohnen

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

Veranstaltungshinweise:
Kürzlich fertiggestellte Projekte mit Architekt(inn)en und Bauherrn besichtigen:
Architektur vor Ort 127: Omicron Campus
Freitag, 29. Jänner 2016, 16 Uhr
Treffpunkt: Oberes Ried 1, 6833 Klaus, 16 Uhr
Die Teilnahme ist kostenlos. v-a-i.at

Passend zur Bauweise des Hotels Hubertus gibt es vom 6. Februar bis 28. Mai im Werkraumhaus in Andelsbuch die Ausstellung „HolzModulBau“. Mehr Informationen: werkraum.at

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