Prozess in Avignon: Höchststrafe von 20 Jahren Haft gefordert

"20 Jahre, das ist einerseits viel, denn es sind 20 Jahre eines Lebens, egal wie alt man ist", sagte die Staatsanwältin Laure Chabaud am Montag im Plädoyer der Anklage. "Andererseits ist es zu wenig angesichts der Schwere der Taten." Pelicot trage die volle Verantwortung für die ihm vorgeworfenen Handlungen.
Das Plädoyer gegen den Hauptangeklagten und die 50 Männer, die er über Jahre hinweg eingeladen hatte, seine bewusstlos gemachte Frau Gisèle zu vergewaltigen, soll bis Mittwoch dauern. Anschließend sind die Anwälte der Angeklagten an der Reihe. Das Urteil soll spätestens am 20. Dezember fallen.
Die Anwältin des Hauptangeklagten zeigte Verständnis für die Strafforderung der Staatsanwaltschaft. "Ich denke, dass es gerechtfertigt ist, angesichts der schweren Taten, die ihm vorgeworfen werden", sagte Béatrice Zavarro. Seine Suche nach Befriedigung sei mit dem Willen einhergegangen, "seine Frau zu unterwerfen und durch Worte und Taten den Menschen zu demütigen, der ihm am meisten bedeutete", unterstrich ihrerseits die Anklägerin.
"Eher im Koma als im Schlaf"
"Im Jahr 2024 kann niemand mehr sagen: 'Sie hat nichts gesagt, also war sie einverstanden'", betonte Chabaud. Keiner der 51 Angeklagten habe die fehlende Zustimmung des Opfers übersehen können. Auf den Videos der Taten, die im Gerichtssaal gezeigt worden waren, sei deutlich gewesen, dass Gisèle Pelicot "eher im Koma als im Schlaf" gewesen sei.
Die Erklärungen mehrerer der Angeklagten, sie hätten nicht die Absicht gehabt, die Frau zu vergewaltigen, wies die Staatsanwältin zurück. "Alle hätten sich aus der Situation zurückziehen können, (...) alle sind geblieben", betonte sie. Den Versuch von 33 Angeklagten, ein vermindertes Urteilsvermögen geltend zu machen, bezeichnete sie als "medizinischen und juristischen Unsinn".
Ermittler gehen von 200 Vergewaltigungen aus
Pelicot hatte gestanden, seine Frau über zehn Jahre hinweg regelmäßig mit Schlafmitteln betäubt und sie teils allein, teils gemeinsam mit Fremden vergewaltigt zu haben. Die Ermittler gehen von 200 Vergewaltigungen aus. Seine Mitangeklagten hatte er laut den Vorwürfen in Internetforen kontaktiert. Sie konnten überführt werden, weil Pelicot Fotos und Videos gemacht und in digitale Verzeichnisse einsortiert hatte. Die Staatsanwaltschaft stellte individuelle Strafmaßforderungen für die Angeklagten im Alter von 26 bis 74 Jahren in Aussicht. Zehn der Angeklagten waren mehrfach gekommen, um Gisèle Pelicot zu vergewaltigen.
Gisele Pelicot sprach von "bewegendem Moment"
Gisèle Pelicot sagte am Montag bei ihrer Ankunft im Gericht, der Beginn des Plädoyers sei für sie ein "bewegender Moment". Die 71-Jährige, die sich gegen einen Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit entschieden hatte, wird für ihren Mut in Frankreich als Heldin gefeiert.
Der Prozess hatte auch international großes Aufsehen erregt. Es sind knapp 140 Medien akkreditiert, darunter 57 aus dem Ausland. Am Wochenende hatten in Frankreich Zehntausende landesweit gegen Gewalt gegen Frauen demonstriert.
(APA/AFP)
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