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Pröll erwartet EU-Defizitverfahren gegen Österreich

Finanzminister Josef Pröll geht davon aus, dass die EU-Kommission wegen des steigenden Budgetdefizits ein Verfahren gegen Österreich einleiten wird. "Es wird gegen Österreich ein Verfahren eingeleitet wegen der Überschreitung der drei Prozent", sagte Pröll am Mittwoch. Stichwort EU-Defizitverfahren

Wie hoch das gesamtstaatliche Defizit heuer und 2010 liegen wird, wollte Pröll noch nicht sagen und verwies auf die Budgetrede am kommenden Dienstag. Auf Nachfrage schloss er aber auch ein Minus von über vier Prozent der Wirtschaftsleistung nicht aus.

Der im Regierungsprogramm vereinbarte Budgetpfad wird laut Pröll jedenfalls nicht zu halten sein, damals ist man statt von einer starken Rezession noch von Wirtschaftswachstum im heurigen und nächsten Jahr ausgegangen. “Die Zahlen sind deutlich schlechter als im Regierungsübereinkommen erwartet, deutlich schlechter”, sagte Pröll. Er erwartet in mindestens einem halben Jahr einen “dramatischen Einbruch” bei den Steuereinnahmen. Sollte die Wirtschaftskrise noch tiefer ausfallen als derzeit erwartet, ist laut Pröll mit einem entsprechend höheren Defizit zu rechnen, aber, so der Finanzminister: Man hoffe, die Budgetentwicklung angesichts der derzeitigen Prognosen relativ genau einschätzen zu können.

Wie hoch die Staatsverschuldung in den nächsten beiden Jahren ansteigen wird wollte Pröll vor der Budgetrede im Nationalrat nicht sagen. Der Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer war von einem Anstieg von 70 Prozent der Wirtschaftsleistung ausgegangen. Mit der Budgetkonsolidierung, also dem Defizitabbau, werde man beginnen, sobald sich nach dem Ende der Wirtschaftskrise wieder eine stabile Aufwärtsentwicklung abzeichne, sagte Pröll. Andernfalls würden staatliche Sparmaßnahmen Konsum und damit den Aufschwung gefährden. Geplant ist unter anderem die Einsparung von rund 2.000 Posten im Staatsdienst. Die Einführung einer Vermögenszuwachssteuer lehnte Pröll aus “grundsätzlichen Überlegungen” ab. “Der Zeitpunkt ist nicht da”.

Angesichts der Wirtschaftskrise hofft Finanzminister Josef Pröll auf mehr Bewegung bei der Verwaltungsreform. “Der Leidensdruck, der Notwendigkeitsdruck ist größer denn je”, sagte Pröll am Donnerstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Er werde bei seiner Budgetrede am Dienstag daher klar machen, dass es “gemeinsamen Handlungsbedarf” von Bund, Ländern und Gemeinden gebe. Schließlich sei man bei der Verwaltungsreform auf die Zustimmung der Länder angewiesen.

 

Die Budgetkonsolidierung will Pröll nach der Wirtschaftskrise “ausgabenseitig” angehen. Eine Vermögenszuwachssteuer lehnt er weiterhin ab: Mit einer “Reichensteuer” lasse sich kein Budget sanieren, daher würde eine höhere Vermögensbesteuerung den Mittelstand treffen, sagte Pröll. Das wäre ein “wirtschaftspsychologisch” falsches Signal. Eine Änderung der schon bestehenden Spekulationsfrist für Aktiengeschäfte wäre für ihn übrigens “keine Einführung einer neuen Steuer, sondern eine Änderung im bestehenden System”. Allerdings sieht er auch dafür keinen Bedarf.

Pröll betont außerdem, dass bei der Budgeterstellung darauf geachtet werde, die “Zweitschlagskapazität” zu wahren, sollten nach Konjunkturpaketen und Steuerreform weitere staatliche Maßnahmen für die Wirtschaftsbelebung nötig sein. Dass die Regierung trotz der unsicheren Entwicklung ein Doppelbudget schnürt und damit schon im Frühjahr (statt im Herbst) den Haushalt für 2010 beschließt, verteidigte Pröll: “Diese drei Monate machen jetzt auch keinen Unterschied mehr.” Die Unterlagen für die Budgetrede werden derzeit vorbereitet: “Der ganze Ziegel wird fünf Kilo haben.”

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