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Premiere: "Szenen einer Ehe" im Salzburger Schauspielhaus

"Ich könnte dich schlagen, wie du morgens so zum Kotzen manierlich in der Küche sitzt und dein Ei löffelst." Das sagt Johan nach mehr als zehn Ehejahren zu seiner Frau Marianne. Und er liebt sie trotzdem.

Aber bis er das weiß, muss er sie betrügen, sie wirklich schlagen, kränken, verletzen und die traute Ehewelt zertrümmern. In sechs “Szenen einer Ehe” bannte Ingmar Bergman das Scheitern der organisierten Zweisamkeit auf Celluloid, und die ukrainische Regisseurin Elina Finkel hat den Text für die Bühne adaptiert – die Premiere war gestern, Donnerstag, Abend im Schauspielhaus Salzburg.

Am Ende des Stückes ist der Bodensatz erreicht, keine Gemeinheit unausgesprochen, keine Vision von Liebe intakt. Und doch, die beiden tanzen miteinander, auch wenn es knirscht auf den Scherben ihrer Träume. Marianne liebt ihn “doch noch irgendwie” und Johan liebt Marianne “manchmal und dann wieder gar nicht”. Gilt nur die Liebe, die permanent funktioniert, total und bedingungslos ist und keine Pause macht für das Ego? Das ist die zentrale Frage, die in Film und Theaterstück verhandelt wird.

Ist Bergman bloß Realist? Autor eines Klassikers über Liebe und Ehe ist er mit Sicherheit. Schon 1973 hat er dieses “fehlerlose Desaster” der wohlgeordneten Bürgerlichkeit in eine Sprache gefasst, die nach wie vor gültig wirkt. Psychologisch genau beobachtet hat auch Elina Finkel, die den Film analysiert und die Schlüsselstellen für ihre knapp zweistündige Bühnenversion flüssig aneinandergeknüpft hat. Die fehlenden filmischen Möglichkeiten wie etwa Nahaufnahmen oder Schnitte gleicht sie mit einem Moderator (Thomas Pfertner) aus. Dieses neutrale Zwitterwesen greift nicht ein ins Geschehen, sondern kommentiert und schlägt den Gong zum Geschlechterkampf über sechs Runden.

Den kämpfen Harald Fröhlich und Ulrike Arp mit feiner Klinge. Fröhlich gelingt es immer wieder, gemein zu sein und sich dennoch als Opfer darzustellen. Und Arp, die sich aus dem Frauenleiden in die Frauenwut verwandelt, hat ausgesprochen intime, berührende Momente, die auf unangenehm-weibliche Art wunderbar direkt unter die Haut gehen.

Das Spiel der Regisseurin und von Ausstatter Tobias Kreft mit haufenweise Plastik-Masken wirkt stellenweise klug und sinnvoll, stellenweise auch ein wenig platt. Dennoch hat das Team des Schauspielhauses die zwingende Frage nach der Sinn eines Filmtextes im Theater gar nicht aufkommen lassen und damit schlüssig beantwortet. Denn der Wiedererkennungswert des Premieren-Publikums in diesem tief-privaten Scheitern (oder doch nicht wirklich Scheitern) an der Liebe dürfte, dem langen Applaus entsprechend, überaus hoch gewesen sein.

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