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Polen: Streit um Patriotismus-Unterricht

Der Plan von Bildungsminister Roman Giertych, in Polens Schulen Patriotismus-Unterricht einzuführen, hat eine heftige Kontroverse unter Experten ausgelöst.

Der Tenor: Es sei zwar richtig, den Kindern Patriotismus beizubringen, aber ein spezielles Fach sei dazu ungeeignet. Die Idee des neuen Ministers aus der nationalkatholischen Liga Polnischer Familien (LPR) wird zumeist heftig kritisiert.

Empört zeigte sich Chef des Polnischen Lehrerverbands (ZNP) Slawomir Broniarz. „Wenn der Minister sagt, dass man einen neuen Unterricht einführen soll, heißt es, dass er gleichzeitig das gegenwärtige Programm und die Schulbücher negativ beurteilt sowie die Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen. Diese Urteil ist ungerecht und ergibt sich aus der Unkenntnis des Ministers“, sagte Bochniarz im Gespräch mit der Tageszeitung „Rzeczpospolita“. Weiters erklärte er, ein neuer Unterricht bedeute riesige Kosten für das Ressort.

Die Idee Giertychs kritisieren auch Vertreter der Opposition scharf. „Die Schüler werden während aller Unterrichtsfächer patriotisch erzogen und nicht nur eine Stunde pro Woche“, unterstrich Krystyna Szumilas, die in der rechtsliberalen Bürgeplattform (PO) für die Ausbildung zuständig ist. Vorsichtiger spricht der Chef der Vereinigung der nichtstaatlichen Schulen, Wojciech Starzynski, über das neue Projekt.

Er meint, dass die patriotische Erziehung zwar im Schulprogramm sein soll, ist aber nicht überzeugt, ob dies in Form eines speziellen Unterricht passieren sollte. Sogar die Abgeordnete der rechtskonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Anna Paciorek, denkt, dass der Minister den Lehrplan nicht kenne. „Alles was er sagt, könnte man erfolgreich während des Geschicht-Unterrichts realisieren. Und so weit ich weiß, wird es in vielen Schulen praktiziert“, erklärt Paciorek „Rzeczpospolita“ gegenüber.

Ein besonderer Patriotismus-Unterricht sei ein Witz, fasst Anna Radziwill, die angesehene ehemalige Vizeministerin im Bildungsressort, die Idee des neuen Ministers zusammen. Als sie zum ersten Mal von diesem Vorschlag gehört hatte, dachte sie, es sei ein Scherz bösartiger Journalisten gewesen. „Die Erziehung ist ein permanenter Prozess. Man kann sich schwer einen Schüler vorstellen, der sagt: ’Am Donnerstag, in der dritten Stunde habe ich patriotische Erziehung’“, spottet Radziwill.

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