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Polen: "Mögliche Parlamentsauflösung"

Die Meldung vom Montag, Polens Präsident Lech Kaczynski könnte das Parlament auflösen, sorgt in Warschau für große Irritation.

Sollte sich die Information bewahrheiten, dann habe Kaczynskis Regierungspartei PiS „von Anfang an ein zynisches Spiel gespielt“, sagte der Vorsitzende der populistischen Bauernpartei Samoobrona. Denn noch vorvergangene Woche hatte die rechtskonservative PiS mit der Samoobrona und der nationalkatholischen LPR einen „Stabilitätspakt“ für die gemeinsame Arbeit im Parlament beschlossen.

Roman Giertych, führender Politiker der LPR, erklärte der Nachrichtenagentur PAP, er glaube nicht an eine Parlamentsauflösung und damit an einen Bruch des „Stabilitätspaktes“. Die größte Oppositionspartei, die rechtsliberale PO, reagierte mit unverhohlener Häme auf das Chaos unter den Koalitionären. „Das wäre Weltrekord in Sachen Illoyalität seinen Partner gegenüber“, erklärte der Parlaments-Vizepräsident Bronislaw Komorowski (PO). Die PiS würde damit „die Flucht vor der Verantwortung“ antreten. Aus der PiS gibt es bisher keine Kommentare.

Über eine Parlamentsauflösung war bereits vor Wochen spekuliert worden. Seit der Unterzeichnung des „Stabilitätspaktes“ hatten die meisten Beobachter sie jedoch ausgeschlossen. Nach Ansicht von Präsident Kaczynski habe er das Recht zur Parlamentsauflösung, weil die polnischen Parlamente – das Unterhaus Sejm und das Oberhaus Senat – auch vier Monate nach der Wahl im vergangenen September keinen geltenden Haushalt für das heurige Jahr beschlossen. Diese Auslegung der Verfassung wird von Politikern der LPR und der PO angezweifelt.

Bei Neuwahlen, die Kacyznski innerhalb von drei Monaten ansetzen müsste, würde die PiS möglicherweise nicht mehr stärkste Fraktion im Parlament. Einer Umfrage des Instituts OBOP zufolge, die am heutigen Montag veröffentlicht wurde, käme sie derzeit auf 32 Prozent der Stimmen. Stärkste Partei würde die PO mit 33 Prozent. Außerdem würden die Samoobrona mit sieben Prozent ins Parlament einziehen, außerdem die LPR und die Ex-Regierungspartei SLD mit jeweils sechs Prozent.

Um 20.00 Uhr will Präsident Lech Kaczynski seine Entscheidung in einer Fernsehansprache bekannt geben. Die Nachrichtenagentur PAP meldete unter Berufung auf Personen, die der Führung der PiS nahe stehen, Kaczynski sei einer Auflösung des Parlamentes „zugeneigt“.

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