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Plassnik: Türkei hat sich angenähert

Im Rahmen ihres Arbeitsbesuchs in Russland hat sich Außenministerin Ursula Plassnik (V) im Interview mit der russischen Tageszeitung „Iswestija“ unter anderem zu den EU-Beitrittsperspektiven der Türkei geäußert.

„Seit der Einreichung des Beitrittsgesuchs 1987 und vor allem in den letzten Jahren wurden im Land eine Menge großartiger Reformen durchgeführt. Die Türkei hat sich den europäischen Standards angenähert“, erklärte Plassnik den Schritt der EU, Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen. Gleichzeitig dämpfte die Außenministerin Hoffnungen auf einen schnellen Beitritt: „Dieser Prozess wird ohne Frage lange dauern. Ankara muss noch viele Reformen vornehmen. Darum erklärten wir offen: Selbstverständlich, die Beitrittsverhandlungen haben begonnen, aber niemand kann ihren Ausgang vorhersagen. Dennoch glauben wir an eine europäische Zukunft der Türkei.“

Keine zeitliche Festlegung

Auch im Falle Kroatiens steht laut Plassnik der Beitritts-Zeitpunkt nicht fest. Es handle sich hier aber um eine Frage von Jahren und nicht Jahrzehnten, erklärte die Außenministerin gegenüber „Iswestija“. Gegenüber der „Nesawissimaja Gaseta“ skizzierte Plassnik die Ziele der kommenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in der Zusammenarbeit mit Russland: Die Kooperation solle in den so genannten gemeinsamen vier Räumen (Europäischer Wirtschaftsraum, Raum der Äußeren und Raum der inneren Sicherheit, Raum der Bildung und Kultur) sowie gemäß der beim Gipfeltreffen im vergangenen Mai in Moskau beschlossenen Road Maps (Wirtschaft, Äußere Sicherheit, Humanitäres und Freiheit) weitergeführt werden.

„Gleichzeitig ist es Zeit, über die Grundlage der gemeinsamen Zusammenarbeit nach 2007 nachzudenken, wenn das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ausläuft. Es ist davon auszugehen, dass der bevorstehende russische Beitritt zur WTO (Welthandelsorganisation) neue Perspektiven für die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und Russland eröffnet“, meinte Plassnik im Interview mit der „Nesawissimaja Gaseta“.

Im selben Interview begrüßte die Außenministerin die russischen Reformvorschläge in Bezug auf die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Sie machte aber klar, dass die Organisation bereits jetzt erfolgreich arbeite, insbesondere auf dem Gebiet der Wahlbeobachtung, die der russischen Seite im Zuge der Revolutionen in den GUS-Staaten zunehmend missfällt. Im Hinblick auf die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland, die Plassnik allgemein als freundschaftlich bezeichnete, strich die Außenministerin vor allem die guten Wirtschaftsbeziehungen heraus: „Die Handelsbeziehungen entwickeln sich überaus erfolgreich.“

Im ersten Halbjahr 2005 seien die österreichischen Exporte nach Russland um 25 Prozent angestiegen, während die russischen Importe nach Österreich um 59 Prozent zugenommen hätten. Bei den Einfuhren aus Russland handle es sich jedoch zu 85 Prozent um Energieträger, so Plassnik gegenüber der „Nesawissimaja Gaseta“.

Gespräche mit Außenminister Lawrow

Im Rahmen ihres Arbeitsbesuchs in Moskau und St. Petersburg traf Plassnik mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zusammen. Angesichts der bevorstehenden österreichischen EU-Ratspräsidentschaft standen europäische Themen im Vordergrund der Begegnung.

Sie bestätigte damit Meldungen nicht, wonach die US-Außenministerin Condoleezza Rice in einem Telefonat versucht habe, österreichische führende Politiker von ihrer Haltung abzubringen. Angerufen habe Rice „mich mit Sicherheit nicht und den Bundeskanzler, so viel ich weiß, auch nicht“, sagte Plassnik. Möglicherweise sei NATO-intern über den Beginn von EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei gesprochen worden.

Plassnik, die sich am Freitag in Russland aufhielt, redete auch mit ihrem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow über das Thema Türkei, allerdings „nur am Rande“. Die beiden Außenminister haben sich „darüber unterhalten, wie die Gestaltung einer Partnerschaft, einer sehr engen Beziehung mit einem so wichtigen Partner wie die Türkei gemacht werden kann und sollte“. Die Position Moskaus in der Türkei-Frage sei nicht „speziell“ behandelt worden, sagte die Ministerin.

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