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Peres: "Hamas errang keinen Sieg"

"Die Hamas hat nicht so sehr einen Sieg errungen, sondern vielmehr ein Dilemma", erklärte der frühere israelische Ministerpräsident Shimon Peres am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Wien.

Nicht nur die radikal-islamische Bewegung Hamas, sondern auch die Fatah habe gewonnen. Nach Auffassung von Peres waren die palästinensischen Wahlen „eine Protestwahl“. Der israelische Ex-Premier glaubt nicht, „dass die Hamas den Willen der Palästinenser repräsentiert. Diesen Widerspruch müssen die Palästinenser selbst lösen.“

Nach den Worten des israelischen Politikers zeigt die Hamas keine Verhandlungsbereitschaft. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas habe mit seiner Fatah die Grundbedingungen erfüllt, zu denen auch gehörte, dem Terrorismus abzuschwören. „Politik basiert auf Kompromissen. Daher können wir mit der Hamas nicht verhandeln“, betonte Peres. Laut der Verfassung sei Präsident Mahmoud Abbas der Chefverhandler bei der palästinensischen Regierungsbildung. „Wir müssen abwarten“, so Peres, der in diesem Zusammenhang an das Beispiel der Cohabitation – Präsident und Regierung aus verschiedenen Lagern – in Frankreich erinnerte.

Angesprochen auf mögliche Zahlungen der EU an die Palästinensische Autonomiebehörde, sagte Peres, er könne sich „nicht vorstellen, dass ein Land den Terror finanziert“. Die radikale Hamas habe bereits den Libanon gespalten. Die provisorische palästinensische Regierung sei finanziell in einer äußerst schwierigen Lage und verfüge über kein Bargeld. „Wie sollen sie die Gehälter von 150.000 Staatsbediensteten bezahlen?“ Die palästinensische Bevölkerung erwarte von einem Staat die Erfüllung seiner Pflichten.

Der Friedensnobelpreisträger, der bei den kommenden israelischen Parlamentswahlen für die neu gegründete Partei Kadima von Ministerpräsident Ariel Sharon kandidiert, betrachtet den Konflikt in den palästinensischen Gebieten nicht nur als nationalen und religiösen Konflikt, sondern auch als einen Konflikt zwischen den Generationen. Peres fügte hinzu, auf Traditionen könne man aber keine Zukunft aufbauen.

Peres glaubt nicht, dass das Ergebnis der palästinensischen Wahlen eine Auswirkung auf die bevorstehenden israelischen Parlamentswahlen haben werde. Seine Partei Kadima vertrete politisch sehr klare Positionen, daher werde sich die jetzige palästinensische Entwicklung auf israelischer Seite nicht auswirken, meinte er. Israel sei prinzipiell zu Verhandlungen bereit, habe sich aus dem Gaza-Streifen zurückgezogen und das Ziel sei die Bildung eines eigenen palästinensischen Staates. Zur Mauer, die Israel zum Westjordanland gebaut hat, meinte Peres kryptisch, es könne sich eine Situation ergeben, „wo wir keine Mauern brauchen“.

Angesprochen auf den Gesundheitszustand des im Koma liegenden Regierungschefs Sharon sagte Peres: „Leider gibt es in seinem Zustand keine echte Veränderung. Wir beten für seine Erholung.“

Kritik am Iran

„Die Iraner machen sich über den Rest der Welt lustig.“ Mit diesen Worten kommentierte der frühere israelische Ministerpräsident Shimon Peres, der sich gegenwärtig in Wien aufhält, das iranische Atomprogramm. Peres appellierte am Donnerstag an die Staatengemeinschaft, „eine vereinigte Front“ gegen den Iran zu bilden und „politischen und psychologischen Druck“ auf das klerikale Regime in Teheran auszuüben. Nach den Worten Peres’ könnte der Iran puncto Atomwaffen zu einem gefährlichen Präzedenzfall werden.

Der Friedensnobelpreisträger wies auf einer Pressekonferenz darauf hin, dass der Iran Raketen mit einer Reichweite von 2000 bis 3000 Kilometern entwickle. Dies stelle eine Verletzung der gültigen Vereinbarungen zwischen den Supermächten dar. Auf das Atomprogramm Israels ging Peres nicht ein. Er sagte nur mit Blick auf Teheran: „Israel wird bedroht.“ Das Atomprogramm des Iran stelle „eine gefährliche Entwicklung“ mit möglicher Vorbildwirkung auf andere Staaten dar. „Das ist unannehmbar.“ Die Charta der Vereinten Nationen würde auf diese Weise bedeutungslos.

Nordkorea, das ebenfalls ein Atomprogramm verfolgt, wolle er nicht verteidigen, betonte der frühere israelische Ministerpräsident. In diesem konkreten Fall „sind die Nordkoreaner selbst die Hauptopfer“. Es sei zu hoffen, das die nordkoreanische Führung die Realitäten erkenne.

Zur Situation im Iran führte Peres weiter aus, der Großteil der Bevölkerung sei im Grunde für eine US-Präsenz im Nahen Osten und sehe dies als eine Chance. Der israelische Politiker verwies in diesem Zusammenhang auf das hohe Bevölkerungswachstum, die hohe Inflation, den Massenexodus und die hohe Arbeitslosigkeit im Iran. Journalisten würden inhaftiert und gefoltert, die Frauen seien entrechnet.

Auf die Frage, ob der von den USA geführte Krieg gegen den Irak den Nahen Osten „sicherer“ gemacht habe, antwortete Peres: „Verglichen mit Saddam Hussein ja.“ Die zwei vorangegangenen Golf-Kriege hätten Millionen Menschenleben gekostet, Kurden seien durch Gasbomben getötet worden. „Er (der frühere irakische Machthaber) war ein Killer.“ Das Problem im Irak ist nach seiner Auffassung nicht die US-Präsenz im Irak, sonder die dortige Existenz von drei ethnisch-religiösen Gruppen. Peres warnte davor, dass die Schiiten wie im Libanon auch den Irak spalten könnten.

Peres hält nimmt in der Bundeshauptstadt an einem „Management and Consulting Congress“ (com.sult 06) teil, wo er und der amerikanische Regisseur Francis Ford Coppola als Hauptredner auftreten. Der israelische Politiker, der bei den bevorstehenden Wahlen für die neue Partei Kadima von Ariel Sharon kandidiert, trifft in Wien auch mit Bundespräsident Heinz Fischer und SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer zusammen.

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