AA

Paul Kuhn wird 75

Seine Eltern wollten einen Konzertpianisten aus ihm machen. Am 12. März wird das Showtalent 75 Jahre alt.

„Das ist ihnen misslungen“, sagt Paul Kuhn rückblickend und erinnert sich schmunzelnd daran, dass seine Klavierlehrerin das kleine Paulchen für einen eher mäßigen Pianisten hielt. Doch ins ernste Fach wollte er ohnehin nie. Der Bandleader, Komponist und Arrangeur, der am 12. März 75 Jahre alt wird, war von Anfang an vor allem ein Showtalent: Über Jahrzehnte war er aus der deutschen Fernsehunterhaltung nicht wegzudenken.

Dennoch, das Piano wurde zum Markenzeichen des Vollblutmusikers:
Als „Mann am Klavier“ – sein erster großer Hit – blieb er in den 50er Jahren ein gutes halbes Jahr in den Top Ten der Schlagerhitparade. Dabei hatte er den Song nur widerwillig eingespielt: „Ich hatte wirklich keine Lust, das zu singen“, bekannte er neulich bei einer Aufzeichnung des Südwestrundfunks, die kurz nach seinem Geburtstag, am 15. März, ausgestrahlt wird.

Denn das Herz des 1928 in Wiesbaden geborenen Paul Kuhn gehörte schon früh dem Jazz. Während des „Dritten Reichs“ hörte er heimlich ausländische Sender ab und hörte beispielsweise Glenn Miller – jenen entspannt swingenden Sound, mit dem er später selbst als Dirigent der SFB-Bigband der eher biederen deutschen Fernsehunterhaltung einen Schuss amerikanische Lockerheit verpassen sollte.

Schließlich hatte er bei den Amerikanern gelernt. Nach seinem Musikstudium am Konservatorium in Wiesbaden – sein Instrument aus Kinderzeiten, das Akkordeon, hatte er längst gegen das Klavier eingetauscht – tingelte er in der Nachkriegszeit durch die Bars der US-Truppen und wurde schließlich vom Soldatensender AFN engagiert.

Nach dem „Mann am Klavier“ ging es steil nach oben. Paul Kuhn war gefragt, nicht nur als Musiker: In seinen Shows wie „Hallo Paulchen“ und „Pauls Party“ erwies er sich als Unterhaltungstalent. 1968 übernahm er die Leitung der SFB-Bigband, mit der er international – auch im damaligen Ostblock – Erfolge feierte.

Der Rückschlag kam schließlich 1980: Damals wurde sein SFB-Vertrag aus Kostengründen nicht verlängert, auch sein Plattenvertrag lief aus. Kuhn rappelte sich wieder auf. Mit einem kleineren Orchester spielte er unter anderem für Peter Alexander und Heinz Schenk. Anfang der 90er Jahre folgte ein weiterer Tiefpunkt: eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehung. Paul Kuhn kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Bis heute ist dem Showman Paul Kuhn der amerikanische Einfluss anzumerken. Bei der SWR-Aufzeichnung plauderte der Mann mit der angenehm rauchigen Stimme mit jener lässigen Nonchalance, der jede angestrengte Effekthascherei fremd ist. Und seine Fähigkeit zur Selbstironie dürfte dazu beigetragen haben, dass er selbst Gassenhauer wie „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ überstanden hat, ohne lebenslang als Ulknudel herumlaufen zu müssen.

Im Gegenteil: Seit einigen Jahren reüssiert er wieder in dem Genre, in dem er angefangen hat – als Jazzer. Er spielt Standards wie „As Time Goes By“ oder „Take the A-Train“ ein, gepflegte Barmusik, die der kleine Mann am Klavier mit viel Herzblut intoniert. Und weil er sich für das ruhige Leben zu Hause im schweizerischen Skiort Lenzerheide noch zu jung fühlt, steht er nach wie vor auf der Bühne, beispielsweise mit den „Swinglegenden“ Max Greger und Hugo Strasser. Und die nächste Tournee mit einer neuen Jazzformation steht schon fest. Start ist am 28. März in Freiburg.

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Stars
  • Paul Kuhn wird 75