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Patti Smith, 30 Jahre später

1975 spielte die Rock-Poetin ihr legendär gewordenes Debütalbum „Horses“ ein, heuer zelebriert sie eine Art Jubiläumsjahr, spielte besagte Platte neu ein.

Am Mittwoch gastierte Smith in der Wiener Arena.

Die eigene Karriere als Musikerin kam für die Künstlerin nach dem Erscheinen ihres Debüts überraschend. „Ich hätte mir nicht vorstellen können, das drei Jahre später auch noch zu machen“, resümierte Smith am Mittwoch bei einem Pressegespräch vor ihrem Konzert in Wien: „Ich wäre zum Schreiben und Malen zurückgekehrt, aber die wollten mehr“. Zahlreiche Platten folgten, trotz späterer Welthits wie etwa „Because The Night“ stehen im Jahr 2005 aber alle Zeichen auf „Horses“: Beim britischen „Meltdown“-Festival hat Smith das Album live eingespielt, die für sie „sehr rituelle“ Aufnahme soll als Bonus-CD zu einer Neuauflage der Platte beigelegt werden.

Arbeitet Patti Smith nicht an ihrer eigenen Karriere, ist sie vor allem Fan: „Ich wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geboren, ich sah, wie sich der ganze Rock ’n’ Roll entwickelte“, erzählt sie. Entsprechend viele Anekdoten aus vergangenen Zeiten hat die 58-jährige auf Lager: Vier Stunden sei sie angestanden, nur um ein einziges Exemplar von Bob Dylans „Like a Rolling Stone“ zu ergattern, als der Song 1965 auf Single erschien. Die zeitgenössische Musikgeschichte hat sie nicht nur geprägt, sondern mitgelebt: „Ich brauche kein Buch zu lesen, ich war dabei“, betont Smith nicht ohne Stolz.

Ihrer Leidenschaft für die laute Gitarrenmusik anderer Interpreten will sie in naher Zukunft in einem Album voller Coverversionen nachgehen. Bedienen wird sich Smith unter anderem bei den Grateful Dead oder Jimi Hendrix, mitwirken würden „Freunde“ wie Flea von den Red Hot Chili Peppers oder R.E.M.-Frontman Michael Stipe. Eine genaue Tracklist steht zwar noch nicht fest, der rote Faden ist aber schon gefunden: „Ich möchte Songs spielen, die in meinem Leben wichtig waren.“

In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich im Leben der Sängerin vieles geändert. Ihr Mann Fred „Sonic“ Smith starb vor elf Jahren, die gebürtige Chicagoerin ist mittlerweile Mutter zweier Kinder. Das Motto „live fast die young“ früherer Zeiten wich lebensbejahenderen Grundsätzen: „Ich lebe heute wahrscheinlich gesünder als damals“, bekennt Smith.

Von der subversiven Energie, die die Künstlerin einst ausstrahlte, ist heute dafür nur mehr wenig zu spüren. Zwar brilliert Smith live immer noch mit einer der bewegendsten Stimmen im Rockbusiness, die nach eigenem Bekunden leidenschaftliche und patriotische Amerikanerin wirkt bei ihrem Wienkonzert aber so, als wäre sie gerade von ihrem John Deere-Traktor geklettert. Versonnen stapft sie in Schlabberjeans, groben Stiefeln und flatterndem Sakko über die Bühne und lobt das begeisterte Publikum und Veranstaltungsort ausführlich.

Überraschungen hatte die blendend gelaunte Sängerin in ihrem Live-Set keine parat: Nach einer Coverversion von Jimi Hendrix „Have you experienced“ gibt es zahlreiche Nummern vom „Horses“-Album, ihren großen Hit „Because the Night“ oder den Protestsong „People have the power“, einer alten Hymne an die Zivilgesellschaft. Angst vor Anachronismen hat Smith eindeutig nicht: “ Ich bin altmodisch. Ich mag noch nicht einmal CDs.“

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