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Patenfamilien für jugendliche Flüchtlinge gesucht

Katharina Troy gab Nasrat Nachhilfe in Deutsch und unterstützte den Jugendlichen, wo er Hilfe brauchte.
Katharina Troy gab Nasrat Nachhilfe in Deutsch und unterstützte den Jugendlichen, wo er Hilfe brauchte. ©Kinderdorf
Sie sind in ihrer Heimat von Hunger, Versklavung oder Gewalt bedroht: Minderjährige Jugendliche, deren einziger Ausweg die Flucht aus ihren Heimatländern ist. Für etwa zehn Jugendliche wird in Vorarlberger Familien für einen begrenzten Zeitraum ein sicherer Hafen gesucht.

Sie kommen nach einer gefahrvollen Flucht völlig auf sich allein gestellt nach Vorarlberg, und die Flucht ist oft ihre einzige Chance. In Vorarlberg werden derzeit rund 70, ausschließlich männliche, Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren in den Wohngemeinschaften der Caritas Flüchtlingshilfe betreut. In den nächsten Wochen und Monaten könnten es deutlich mehr werden.

Die Chemie stimmte

Erstmals sucht der Pflegekinderdienst des Vorarlberger Kinderdorfs im Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe und in enger Kooperation mit der Caritas zudem Familien, die für junge Flüchtlinge bis zur Volljährigkeit ein sicherer Hafen sind. Der 18-jährige Nasrat Sediqi hat diesen Hafen nach seiner Flucht aus Afghanistan bereits gefunden. Seit über eineinhalb Jahren hat er bei Katharina Troy und Richard Gassner in Weiler ein neues Zuhause – und damit verbunden Unterstützung, Halt sowie Geborgenheit. “Meine Kinder sind erwachsen und aus dem Haus, nachdem ich in Pension gekommen bin, war für mich klar, dass ich mich sozial engagieren möchte”, erzählt Katharina Troy. Über die Zeitung erfuhr sie vom Mentorenprogramm der Caritas-Flüchtlingshilfe. “Ich habe mir das Angebot genauer angeschaut und bei diesem Schnuppern Nasrat kennengelernt.” Die Chemie stimmte zwischen den beiden von Anfang an. Nachdem der junge Afghane genau wie sie Sport als großes Hobby hat und auch gerne kocht, war für sie klar: “Wir versuchen es.”

“Wie in einer ganz normalen Familie”

Katharina Troy gab Nasrat Nachhilfe in Deutsch und unterstützte den Jugendlichen, wo er Hilfe brauchte. Der Kontakt wurde intensiver und schließlich entschloss sich die Familie, den Teenager bei sich zu Hause aufzunehmen. In Weiler lebt Nasrat Sediqui den Alltag eines ganz normalen Jugendlichen: Vormittags geht er in die Schule und holt den Hauptschulabschluss nach. Neben seinem großen Hobby, dem Ringen, verbringt er seine Freizeit gerne mit Tennis, Skifahren, Radfahren oder mit seinen Freunden. “Er muss auch sein Zimmer selbst in Ordnung halten und manche Arbeit im Haushalt erledigen, das gehört dazu”, erzählt Katharina Troy und lacht: “Es gibt da auch ab und zu Krach, eben wie in einer ganz normalen Familie.”

Paten-Familien als Chance fürs Leben

Nasrat Sediqui ist durch die Sicherheit und den Halt, den ihm sein Zuhause gibt, ruhiger geworden. „Wenn man die Geschichte seiner Flucht hört, versteht man, dass er anfangs oft aufbrausend war. Diese jungen Menschen haben ihn ihrem Leben schon viel kämpfen müssen“, meint die ehemalige Lehrerin. Christoph Hackspiel, Geschäftsführer des Vorarlberger Kinderdorfs, ist überzeugt, dass sich für viele junge Flüchtlinge im familiären Rahmen vielfältige Chancen eröffnen würden: “Viele dieser jungen Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als nach all den erlittenen Verlusten etwas aus ihrem Leben zu machen. Patenfamilien können durch ihre Gastfreundschaft und ihr Engagement maßgeblich dazu beitragen, damit diese Jugendlichen ihre Potenziale entfalten und einen guten Platz in unserer Gesellschaft finden können. Letztlich können wir alle durch so eine Form von gelingender Integration bereichert werden”.

“Schon so viel geschafft”

Natürlich plagen Nasrat oft Ängste und Sorgen um seine in Afghanistan zurück gebliebene Mutter, seinen Bruder, der verschollen ist. Für die Zukunft ist ihm eine gute Ausbildung wichtig. An Motivation und Einsatzwillen mangelt es ihm nicht. Am liebsten würde er Polizist werden oder eine Banklehre machen – bis dahin ist es jedoch noch ein weiter Weg: “Ich habe aber schon so viel geschafft, wir werden sehen, was möglich ist.”

Factbox

 Kontakt und nähere Informationen: Silvia Zabernigg, Pflegekinderdienst des Vorarlberger Kinderdorfs, T +43/(0)5522/82253-0, E-Mail pkd@voki.at, www.vorarlberger-kinderdorf.at

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