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"Pastorale" in der Luxusausgabe

Feldkirch - Das Symphonieorchester Vorarlberg besticht mit klassisch-romantischen Klängen.

So gut hat das SOV sein treues Abonnentenpublikum „erzogen”, dass bei der neuesten Produktion unter Chef Gérard Korsten im Montforthaus ein völlig unbekanntes Violinkonzert von Godard mehr Applaus erhält als Beethovens „Pastorale”. Freilich auch dank der Leistung einer überragenden Violinsolistin. Die Leute akzeptieren am Beginn einer ersten Konzerthälfte mit kaum Gehörtem auch ein originelles Concerto en Ré (1947) von Strawinsky für die Streichergruppe, die wie immer unter dem gelernten Geiger Korsten überaus kompakt, klanglich differenziert und präzise wirkt. Bis dann Chloe Hanslip den Geigenbogen, besser: das Heft in die Hand nimmt. Was wörtlich zu verstehen ist. Denn die junge Britin setzt selbstbewusst ihre Persönlichkeit ein, sucht bei Einsätzen oft selber Kontakt zu einzelnen Instrumentengruppen, pfuscht dem Dirigenten damit ins Handwerk.

Ohne Süßlichkeit

Dennoch gelingt eine erstaunlich abgerundete Version des ohrgängigen zweiten Violinkonzertes des Franzosen Benjamin Godard (1849-1895), dessen „Berceuse” einzig bis heute Wunschkonzert-Allgemeingut geblieben ist. Eine schlanke, transparente Wiedergabe nimmt dem Werk aus der Tradition der französischen Romantik etwas von seiner parfümierten Süßlichkeit. Hanslip, mit dem Stigma eines Geigen-Wunderkinds behaftet, heute mit Preisen überhäuft, spielt das technisch anspruchsvolle Werk mit leichtgängig federnder Überlegenheit. Ein tolles Talent, das sich samt Orchester mit einem Stück Virtuosenfutter von Bozzini bedankt. Dann Beethovens Sechste, seine populäre „Pastorale”, die am 22. Dezember 1808, also vor genau 200 Jahren, in Wien uraufgeführt wurde. Dem SOV als Klasseorchester gelingt zu diesem Anlass eine exemplarische Luxusausgabe dieses naturhaften Tongemäldes von zeitloser Gültigkeit. Gérard Korsten legt dazu ein spannendes Konzept vor. Er gibt den beiden ersten Sätzen einen ganz natürlichen, die heraufdämmernde Romantik andeutenden Ausdruck, lässt der Nachtigall (Eugen Bertel, Flöte) und dem Kuckuck (Alex Ladstätter, Klarinette) alle Zeit dieser Welt, sich auszuplaudern. Um dann die aufgesparten Kräfte umso dramatischer in einem draufgängerischen Tanz der Landleute zu bündeln und das Gewitter zu einem Szenario des Schreckens zu machen, aus dem das Finale abgeklärt hervorstrahlt.

 

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