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Parteien bitten noch ein letztes Mal um Stimmen

Parteien beenden ihren Wahlkampf
Parteien beenden ihren Wahlkampf ©APA
Es ist fast geschafft - der Wahlkampf geht zu Ende. Fast alle Parteien haben am Freitag ihre letzten großen Wahlkampfabschluss-Veranstaltungen über die Bühne gebracht, dabei noch einmal um Stimmen gebeten und ihre Botschaft unter das Volk gebracht.
NR-Wahl: Wahlkampffinale der ÖVP
NR-Wahl: Wahlkampffinale der SPÖ
NR-Wahl: Wahlkampffinale der FPÖ
NR-Wahl: Wahlkampffinale der Grünen
NR-Wahl: Wahlkampffinale der NEOS

Bereits am Vormittag traten Grüne und ÖVP auf, SPÖ, NEOS und FPÖ folgten am Nachmittag. Die Liste JETZT schließt ihren Wahlkampf erst morgen in der am Samstag gut besuchten Lugner City ab.

Kogler mit Schlussappell zur Rückkehr ins Parlament

Mit einem abschließenden Mobilisierungsaufruf haben die Grünen am Freitag den Abschluss ihres Nationalratswahlkampfs begangen. Spitzenkandidat Werner Kogler äußerte dabei unter freiem Himmel im Wiener Sigmund-Freud-Park die Hoffnung, die gegenwärtig gute Stimmung für die Grünen in Stimmen umzuwandeln zu können.

Wien. "Einen glaubwürdigen, engagierten, durchaus auch kompetenten Klimaschutz, den kriegst du in der Regel nur mit den Grünen", sagte er vor einer guten Hundertschaft von Anhängern. Die vergangenen zwei Jahre hätten die Grünen im Parlament gefehlt, viele Gesetze und Verordnungen seien von einer "Allianz von Klimaleugnern und Unterlassungstätern" auf den Stand "hinter Zwentendorf" zurückgedreht worden.

Im echten politischen Leben seien die Grünen hier oft alleine an vorderster Front. Man wolle "rein ins Solarzeitalter, raus aus dem Fossilzeitalter". Kogler sah sich dabei mit den Kindern und Jugendlichen auf einer Linie, die im Zuge der "Fridays for Future" nicht mehr warten wollten: "Sie haben Recht." Bei seiner Rede hielt er ein Schild mit der Aufschrift "Wir haben die Erde von unseren Kindern nur geborgt!" in Händen.

Der Spitzenkandidat erinnerte an den Gründungssatz seiner Partei: "Wir wollen eine solidarische Gesellschaft freier Menschen in einer intakten Umwelt." Dafür brauche es die Grünen, "dafür wollen wir wieder ins Parlament". Offensichtlich an Liste-Jetzt-Wähler war sein Aufruf gerichtet, nicht jemandem seine Stimme zu geben, der mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit gar nicht ins Parlament kommen werde.

Inhaltlich betonte Kogler seine Überzeugung, dass Umweltschutz, Gerechtigkeit und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen seien. Diesen wolle man auch dem Parlament aufsetzen, "weil sonst ist es ein bissl nackert". Man sei zur grünen Bündnispartei geworden, einer Bewegung für Ökologie und Gerechtigkeit. Und auch gegen die "Neigungsgruppe Korruption und Rechtsextremismus" stelle man sich. Kogler: "Wir sind nicht käuflich, wir sind nur wählbar."

Vor Kogler war die Listenzweite Leonore Gewessler am Wort. Sie betonte, dass die Menschen längst verstanden hätten, worauf es angesichts der Klimakrise ankomme. "Die Mitmachbewegung der Menschen haben wir, was fehlt ist die Mitmachbewegung der Politik. Und dafür braucht es die Grünen."

Kurz warnt abermals vor Koalition gegen ÖVP

Spitzenkandidat Sebastian Kurz hat am Freitag beim "Auftakt zur Schlussoffensive" abermals vor einer Koalition gegen die ÖVP gewarnt. Erzielten Rot-Grün-Pink gemeinsam nur ein Prozent mehr als bei der EU-Wahl, "dann heißt die nächste Bundeskanzlerin Rendi-Wagner (Pamela, Anm.)", erklärte Kurz vor rund 300 Sympathisanten und Funktionären vor der Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse.

"Verlassen wir uns nicht auf die Meinungsumfragen", so Kurz: "Nützen wir die letzten 48 Stunden, um Menschen zu überzeugen." Er selbst werde "rund um die Uhr" unterwegs sein. Bis zum Sonntag werde er unter anderem noch in die Steiermark und nach Niederösterreich fahren und um Stimmen werben. Es gelte, die "Stimmung in Stimmen" zu verwandeln.

Der Wahlkampf sei "intensiv" gewesen. Er habe aber in zahlreichen Gesprächen "viel Rückenwind" bekommen, betonte Kurz: "Viele wollen, dass wir weiter arbeiten."

Zuvor hatte auch ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer sein Mantra "Wer Kurz will, muss auch Kurz wählen" dem türkis gewandeten Publikum zugerufen. Wer wolle, dass die konsequente Politik gegen neue Schulden und illegale Migration fortgesetzt werde, müsse bei der Volkspartei sein Kreuz machen.

Meinl-Reisinger glaubt an "kraftvolles" Ergebnis

Die NEOS haben am Freitagabend ihren Wahlkampf mit einer Veranstaltung am Wiener Platz der Menschenrechte beendet. "Wir haben noch 48 Stunden", rief Generalsekretär Nick Donig die Anhänger zu einem letzten Kraftakt beim Stimmenfang auf. "Ich weiß, dass das kraftvoll wird am Sonntag", zeigte sich Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger überzeugt.

Ausgestattet mit pinken Fahnen und Luftballons waren die Kandidaten und Funktionäre, die zuvor an der Klimademo teilgenommen hatten, auf den Platz beim Museumsquartier eingezogen. Mit einer pinken Hüpfburg in Einhornform, einer Band und Getränken wurde für Partystimmung gesorgt. Auf einer großen Bühne präsentierten die Kandidaten aus den Bundesländern ein letztes Mal im Schnelldurchlauf, bevor Donig Spitzenkandidatin Meinl-Reisinger unter lautem Applaus und mit den Worten "die Mutter, die Abgeordnete, die Löwin, die uns die letzten sechs Wochen gezogen hat in diesem Wahlkampf" auf die Bühne holte.

"Ihr habt mich getragen über die letzten Wochen", bedankte sich diese wiederum bei ihren Anhängern. "Wir haben noch Zeit, Menschen zu überzeugen", mobilisierte auch sie ein letztes Mal. In ihrer Rede erinnerte sie an die Szenen aus dem Ibiza-Video. "Ich möchte nie wieder die Neigungsgruppe Korruption und Rechtsextremismus in der Regierung sehen", betonte sie. Wer das auch nicht wolle, für den gebe es nur eine Alternative "und das ist NEOS wählen". "Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen und das sind unsere Bedingungen: Bildung, Entlastung, Klima und anständige Politik", nannte sie die Kernforderungen ihrer Partei. "Wenn ihr die Schnauze voll habt von intransparenter Politik, dann wählt ihr NEOS", rief sie mit lauter Stimme.

Die anderen Kandidaten bekräftigten auf der Bühne ebenfalls Forderungen der Partei: Sepp Schellhorn sprach sich etwa für Bürokratie- und Steuerentlastung aus, Stephanie Krisper für die Stärkung des Rechtsstaats und der frühere "Kurier"-Herausgeber und Listenzweite Helmut Brandstätter für ein neues Medien- und ORF-Gesetz zur Stärkung unabhängiger Medien.

Drei Punkte seien klar, zeigte sich Generalsekretär Donig überzeugt: "Sebastian Kurz ist fix Kanzler", die Grünen würden mit Sicherheit den Wiedereinzug ins Parlament schaffen und "FPÖ und ÖVP sind, wenn es sich ausgeht, fix zam". Wer eine Möglichkeit für eine "anständige Alternative" schaffen wolle, müsse am Sonntag die NEOS ankreuzen, forderte auch er.

Rendi-Wagner glaubt an "Sieg der Menschlichkeit"

SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner hat ihre Anhänger am Freitag bei der Schlusskundgebung des SPÖ-Wahlkampfs auf die "letzten 48 Stunden vor der Wahl" eingeschworen. "Wir können diese schwarz-blaue Koalition beenden", sagte sie hoffnungsfroh. Erneut stellte die SPÖ-Chefin die Menschlichkeit und das Miteinander in den Vordergrund, denn ein "gemeinsames Wir" sei besser als "Ich, Ich, Ich".

Die Herausforderungen der Zukunft seien groß, stellte Rendi-Wagner in ihrer Rede fest. "Aber nicht so groß, dass wir sie nicht meistern können", war die SPÖ-Chefin überzeugt. Der Zusammenhalt habe Österreich stark gemacht, auch in Zukunft brauche man solche Tugenden "mehr denn je", so Rendi-Wagner. "Es wird die Menschlichkeit siegen", rief sie ihrem Publikum im Hinblick auf die Wahl zu.

Mit dem hinter ihr liegenden Wahlkampf zeigte sich Rendi-Wagner zufrieden. "Einen Wahlkampf kann sich keiner im Vorhinein vorstellen", kommentierte sie die Strapazen der letzten Zeit. "Aber wir haben den besten und coolsten Wahlkampf hingelegt, ich bin so stolz darauf", bedankte sich die Spitzenkandidatin bei Familie und Unterstützern.

Zu Beginn der Veranstaltung, bei der vor allem der offizielle Wahlkampfsong Partystimmung verbreitete, schwelgte die SPÖ in der Vergangenheit. Der ehemalige SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky wandte sich in einer Rede, in der er auch die Erfolge von SPÖ-Legende Bruno Kreisky hervorkehrte, gegen soziale Ungerechtigkeit und nannte sozialdemokratische Konzepte absolut notwendig. "Du bist unsere neue Zeit", sagte Vranitzky zu Rendi-Wagner. "Sprachlos und mit Gänsehaut" reagierte Rendi-Wagner auf diese Komplimente und bedankte sich bei Vranitzky für aufmunternde Anrufe im Wahlkampf.

Viel Lob erhielt Rendi-Wagner von ihren Vorrednern. An der Spitze der Wahlbewegung stehe eine "große Kämpferin", charakterisierte Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda Rendi-Wagner. Die Spitzenkandidatin habe "Übermenschliches geschafft", sagte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig. "Wir sind so stolz auf dich, wir danken dir."

Drozda blickte in seiner Rede dem "Ende eines intensiven Wahlkampfs" entgegen. "Das Positive daran: Die Turbulenzen haben dieses Mal andere Parteien betroffen", sagte er und schlussfolgerte: "Diese FPÖ ist nicht regierungsfähig." Über ÖVP-Chef Sebastian Kurz fand Drozda ebenfalls kritische Worte und teilte eine "persönliche Beobachtung" mit dem Publikum. "Wer nach allem, was passiert ist, eine Neuauflage der Ibiza-Koalition noch immer nicht ausschließt, dessen Lernkurve ist eher flach - und das ist für einen Regierungschef ungeeignet", sagte er.

Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig schoss sich auf die ehemalige türkis-blaue Regierung ein. Langfristig werde sich eine "ehrliche Politik" wieder rentieren, zeigte sich Ludwig überzeugt. Bis zum Wahltag "werden wir jede Stunde nützen", sagte er mit einem SPÖ-Flyer in der Hand.

Gauner, Greta, Mohammed - Hofer kämpfte sich durch Finale

Krankheitsbedingt schaumgebremst hat sich FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer Freitagabend durch das Wahlkampffinale gekämpft. Auf dem gut gefüllten Viktor-Adler-Markt im Wiener Bezirk Favoriten zählte er noch einmal auf, wofür seine Partei steht - oder vor eher wogegen: Klimaaktivistin Greta Thunberg, Mohammed als populärer Vorname und "Gauner, die die Bundesregierung zu Fall gebracht haben".

Die FPÖ hatte zu Hochzeiten schon mehr Fans in den Wiener Arbeiterbezirk gelockt. Dennoch schaffte es die derzeit skandalgeschüttelte Partei, die Ränge gut zu füllen. Nicht zuletzt durch die bewährte Mischung aus Bier und Musik der John Otti Band. Diese bewies ihren eigenen Sinn von Ironie, indem sie den Schlager "Alles wird gut vortrug". Hofer selbst zog zu Queens "Don't Stop Me Now" ein.

Zuvor hatte aber noch der zweite erste Mann in der FPÖ die Menge aufgeheizt: Der ehemalige Innenminister Herbert Kickl machte unmissverständlich klar, dass er dieses Amt wieder für sich beansprucht, denn: "Mich nimmt niemand an die kurze Leine". Als erste Amtshandlung werde er in den Keller des Ministeriums gehen, das "Ausreisezentrum"-Schild suchen und dieses wieder an den Erstaufnahmezentren anbringen.

Trotzig zeigte sich Kickl auch, was sein Image betrifft, etwa, das er unsensibel sei. "Wenn es um die Interessen der Österreicher geht, dann bin ich der sensibelste Innenminister aller Zeiten", lautet seine Selbsteinschätzung. Gekränkt zeigte sich Kickl über optisch unvorteilhafte Darstellungen in den Medien: "Der schönste bin ich nicht, das weiß ich selber. Aber so schiach hätten's mich nicht machen müssen", sprach er ein "profil"-Cover an.

Trost kam umgehend von Hofer, der in Richtung Kickl klar machte: "Liber Herbert, du bist nicht nur ein Parteifreund, du bist ein Freund." Klar machte der Spitzenkandidat auch, wer die Partnerwahl bei der Koalitionssuche gewinnen würde, denn: "Es war die beliebteste Bundesregierung seit vielen, vielen Jahren", sprach er die türkis-blaue Liaison an. "Verbrecher" und "Gauner" hätten diese jedoch zu Fall gebracht.

Auch von anderer Seite ortet Hofer eine Bedrohung auf Österreich zukommen: Schon jetzt sei Mohammed einer der beliebtesten Vornamen in Wien. "Der Islam ist nicht Teil unserer Geschichte. Der Islam ist nicht Teil unserer Kultur. Und er wird nie Teil unserer Geschichte und Kultur sein", machte der FPÖ-Chef vor seinen Anhängern klar. Immerhin stelle "die Kultur des Islam" die "größte Gefahr für die Gesellschaft" dar.

Aber auch vor dem 16-jährigen Mädchen aus Schweden warnte Hofer eindringlich: "Wir brauchen keine Schülerin aus dem Norden Europas, die uns erklärt, wie wir zu leben haben", meinte er über die Klimaaktivistin Thunberg. "Jede Stimme für die FPÖ ist eine Stimme für die Heimat", lautete daher das Resümee des sichtlich angeschlagenen Spitzenkandidaten, der nach dem Abspielen der Bundeshymne unter Jubel abtrat.

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