Papst-Wahl: Viele Baustellen für neuen Pontifex

Finanzielle Schwierigkeiten und sinkende Zahl von Kirchenmitgliedern sind nur einige der dringendsten Probleme, mit denen sich Franziskus' Nachfolger auseinandersetzen muss.

Viele Reformen, die Franziskus eingeleitet hat, sind nicht abgeschlossen und müssen fortgesetzt werden. Außerdem muss sich der Vatikan mit einem Finanzloch, einem dramatischen Rückgang der Kirchenbesucher in vielen westlichen Ländern und heiklen Debatten über die Rolle der Frauen und die Einbeziehung von LGBTQ-Katholiken befassen.
Finanzkrise des Vatikans eine große Sorge von Franziskus
Die Finanzkrise des Vatikan war eine der größten Sorgen in den letzten Monaten der Lebenszeit von Papst Franziskus. Drei Tage vor seiner Spitalseinlieferung im Februar wegen einer beidseitigen Lungenentzündung ordnete er die Einsetzung einer neuen hochrangigen Kommission an, um Spenden für den Vatikan zu lukrieren. Denn der Vatikan muss sich jetzt dringend mit dem Problem seines Budgetdefizits und mit der Nachhaltigkeit seines Pensionsfonds auseinandersetzen.
Obwohl der Vatikan seit 2022 keinen vollständigen Budgetbericht mehr veröffentlicht hat, enthielt die letzte Bilanz von Mitte 2024 ein Defizit von 83 Millionen Euro. Das Defizit des Pensionsfonds wurde vom Vatikan für 2022 auf rund 631 Millionen Euro geschätzt. Papst Franziskus hat eine Reihe von Reformen angestoßen, um die Transparenz und Effizienz zu verbessern, doch viele dieser Maßnahmen sind unvollständig oder befinden sich noch in der Umsetzungsphase.
Verringerung des Immobilienimperiums?
Der nächste Papst wird also vor den gravierenden Fragen im Umgang mit den vatikanischen Finanzen stehen: So wird er auch entscheiden müssen, ob der Vatikan sein Immobilienimperium verringern soll, um die Schulden zu begleichen. Ob der neue Pontifex ein ausgewogenes Verhältnis zwischen finanzieller Stabilität und den pastoralen sowie missionarischen Verpflichtungen des Heiligen Stuhls finden wird, ist im Vatikan derzeit eine große Frage. Kein Wunder, dass bei den Beratungen der Kardinäle über das Profil des neuen Papstes auch mögliche Kompetenzen im finanziellen Bereich genau geprüft werden.
Sollten die Papst-Wähler nach jemandem suchen, der die komplexen bürokratischen Strukturen des Vatikan gut kennt und Einsparungen durchsetzen könnte, dann käme der italienische Staatssekretär Pietro Parolin als neuer Papst in Frage. Die Nummer zwei des Vatikan während Franziskus' Pontifikat ist ein Favorit für das Papstamt. Während der gesamten Amtszeit von Franziskus hat er im Vatikan die Fäden gezogen. Aber Parolin leitete auch das Staatssekretariat, als dieses in einen riesigen Skandal über die unsaubere Investition von mehr als 200 Millionen Euro beim Kauf eines Gebäudes in London verwickelt war. Der italienische Kardinal Angelo Becciu, einst einer von Parolins wichtigsten Stellvertretern, wurde später von einem vatikanischen Gericht wegen Veruntreuung und Betrug zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, ein präzedenzloser Fall.
Rückgang bei Zahl der Katholiken in vielen europäischen Ländern
Weltweit hat die katholische Kirche in den letzten Jahren leicht an Mitgliedern gewonnen. Nach den jüngsten offiziellen Statistiken gab es Ende 2023 weltweit 1,405 Milliarden Katholiken, das sind 1,15 Prozent mehr als Ende 2022. Den höchsten Anteil an Katholiken gibt es auf dem amerikanischen Kontinent: 64,2 Prozent der Bevölkerung in Nord- und Südamerika sind katholisch getauft. Europa folgt mit 39,6 Prozent, Australien mit 25,9 Prozent. In vielen europäischen Ländern ist derzeit ein starker Rückgang bei den Taufen und den Kirchenbesuchern zu verzeichnen. Die deutsche Bischofskonferenz berichtete Anfang des Jahres, dass im Jahr 2024 in Deutschland nur 29 neue Priester geweiht wurden, ein historischer Tiefstand.
Angesichts dieses Trends könnte sich im Konklave die Linie durchsetzen, dass der neue Papst nicht aus Europa, sondern aus Asien oder Afrika stammen sollte. In diesem Fall wäre der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle ein Favorit für das Papst-Amt. Die Philippinen, ein Land mit fast 115 Millionen Einwohnern, sind zu fast 80 Prozent katholisch.
Auch mit Lehrfragen wird der neue Papst konfrontiert sein. Franziskus hat die Kirche weitgehend für neue Gespräche geöffnet. Ein Thema wie die Frauenweihe, das jahrzehntelang tabu war, durfte diskutiert werden. Der Argentinier setzte zwei Kommissionen ein, um die Weihe von Frauen zu Diakoninnen zu prüfen, die wie Priester dienen, aber nicht die Messe feiern können. Eine der Kommissionen hat ihre Arbeit noch nicht abgeschlossen. Franziskus erlaubte Priestern auch, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, allerdings nur von Fall zu Fall. Seine Maßnahmen wurden von konservativen Katholiken kritisiert, darunter auch von einigen Kardinälen, die nun einen Richtungswechsel verlangen.
(APA)
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