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Papst steht in Köln unter Erfolgsdruck

Der Papst hat sich gut vorbereitet, niemand in Rom oder Köln hat daran auch nur den leisesten Zweifel. Im Urlaub in den italienischen Alpen habe Benedikt XVI. genügend Zeit gehabt, ausgiebig an seinen Reden und Predigten zu feilen.

„Beim Weltjugendtag muss er vor allem den richtigen Ton treffen“, meint ein Vatikan-Insider. „Und das weiß der Heilige Vater.“ Vier Monate nach der Papstwahl steht Joseph Ratzinger vor seiner ersten echten Herausforderung. Kein Zweifel: Die Erwartungen an den „neuen Mann“ aus Rom sind hoch gesteckt: Wird er die Jugend der Welt begeistern?

„Starke Bilder, große Gesten“, auch dies wird in Köln von ihm erwartet. Gleich nach seiner Ankunft am Donnerstag wagt Benedikt einen Auftritt, der Symbol beladener nicht sein könnte: Er wagt sich in einem Boot hinaus auf den Rhein, von dort wird er das junge Glaubensvolk am Ufer begrüßen. Die uralten biblischen Bilder werden geradezu heraufbeschworen, tausendfach werden die Medien das Symbol des „Menschenfischers“ beschwören.

Jeder weiß: Sein Vorgänger, Johannes Paul II., der „große Kommunikator“, wäre der Szene auf dem Fluss gerecht geworden, regelrecht genossen hätte er die Inszenierung, trotz Alters und Krankheit. Millionen Gläubige fragen sich: Wie wird der eher kühle Ratzinger damit zurecht kommen? „Er wird zeigen müssen, wie spontan er ist“, meint etwa ein Mitarbeiter von Radio Vatikan. „Wir sind alle sehr, sehr gespannt.“

Den rechten Ton mit den jungen Leute versucht Benedikt schon im Vorfeld des Kölner Spektakels anzuschlagen. Dazu betritt der ansonsten eher presse-scheue Deutsche sogar Medien-Neuland. „Päpste geben keine Interviews“, hieß bisher die Regel, die Benedikt nun außer Kraft setzte. Sein historisches Gespräch mit Radio Vatikan war geradezu eine Charme-Offensive an die Adresse des Jungvolks. Da gebe es das Vorurteil, meint Ratzinger, als habe Christsein mit einer „Menge von Geboten und Verboten“ zu tun, mit „Gesetzen, die man einhalten muss“. Dabei sei es einfach „schön“, ein Christ zu sein“. Solche Töne hören die jungen Leute sicher gerne – auch aus dem Mund des strengen Deutschen, der Jahrzehnte lang gerade die Gebote und Verbote der Kirche predigte?

Das Highlight der Reise kommt am Freitag: Besuch der Kölner Synagoge. Wieder steht der tote Johannes Paul Pate, wieder wird es kein einfacher Auftritt für Ratzinger sein. Der große Pole war der erste Papst der Geschichte, der je ein jüdisches Gotteshaus betrat. Und er war derjenige, der an der Klagemauer in Jerusalem um Vergebung für die Judenverfolgungen bat. Benedikt ist der erste deutsche Papst in einer Synagoge, und dann in einer Synagoge in Deutschland, dem Land des Holocausts. Doch sein Besuch wird überschattet vom jüngsten Streit zwischen Vatikan und Israel über das Thema Terrorismus.

Überhaupt, das „glaubensferne“ Deutschland, das „Land Luthers“ gilt aus römischer Sicht stets als schwieriges Pflaster: In wenigen Ländern der Welt haben sich die Menschen so gründlich von der Kirche entfernt, auch die Jugendlichen in Köln werden die kirchlichen Anordnungen etwa in Sachen Keuschheit nicht ganz so ernst nehmen wie das der Vatikan gerne sähe. Als beim Weltjugendtag 2000 in Rom in den Lagern der jungen Leute Präservative gefunden wurden, hat das manche im Vatikan verwirrt; auch Ratzinger soll schockiert gewesen sein.

Doch die „Herausforderung von Köln“ will der neue Mann auf dem Stuhl Petri gelassen annehmen. Seine erste Reise als Papst ausgerechnet zur Jugend, ausgerechnet nach Deutschland. „Ich hätte nicht gewagt, das einzurichten“, meint er. „Aber wenn einem der liebe Gott das sozusagen antut, darf man sich darüber freuen.“

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