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Papst Leo XIV.: So wurde Kardinal Prevost beim Konklave gewählt

Kardinal Prevost soll mit über 100 Stimmen zum Papst gewählt worden sein.
Kardinal Prevost soll mit über 100 Stimmen zum Papst gewählt worden sein. ©APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI
Das geheime Konklave, das am 8. Mai stattfand, führte zur Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum Papst. Vatikanbeobachter aus verschiedenen Ländern konnten den ungefähren Ablauf der vier Wahlgänge rekonstruieren. Im letzten Wahlgang erhielt Prevost unerwartet über zwei Drittel der 133 Stimmen.
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Die Vaticanisti analysieren Aussagen verschiedener Konklaveteilnehmer, um Rückschlüsse auf den Wahlverlauf zu ziehen. Pietro Parolin, von vielen als Favorit betrachtet, erhielt anfangs weniger Stimmen als erwartet. Hingegen schnitt Prevost stark ab und erreichte den zweiten Platz, was durch die Vorarbeit einiger Kardinäle im Vorkonklave unterstützt wurde.

Konklave: Progressive und konserative Stimmen für Kardinal Prevost

So habe der im Vatikan als progressiv geltende Münchner Kardinal Reinhard Marx, der im Vorkonklave mindestens dreimal zu Wort kam, bei privaten Treffen in seiner römischen Residenz für Prevost geworben. Marx rechnete es Prevost hoch an, dass er den deutschen Synodalen Weg am Ende durch eine Kompromissformel vor dem kirchenrechtlichen Aus bewahrt habe, während noch Prevosts Vorgänger Marc Ouellet auf harten Konfrontationskurs mit dem Reformprojekt der deutschen Katholiken gegangen war. Beim Werben von Marx für Prevost dürfte aber auch die prekäre Finanzlage des Heiligen Stuhls eine Rolle gespielt haben. Sie liegt dem deutschen Kardinal als Chef des vatikanischen Wirtschaftsrates besonders am Herzen, und er weiß, dass sie ohne zusätzliche US-amerikanische Hilfe kaum zu bewältigen ist.

Am anderen Ende des kirchenpolitischen Spektrums, so berichten italienische Vaticanisti, habe der sehr konservative Kurienkardinal Raymond Burke sich bei einem Treffen mit Prevost von dessen Rechtgläubigkeit überzeugt. So sei Prevost gleich zu Beginn als lagerübergreifender Kandidat ins Rennen gegangen. Später kamen Stimmen hinzu, die sich anfangs auf mehrere Kandidaten zerstreut hatten. So habe der philippinische Kurienkardinal Luis Antonio Tagle am Start noch halbwegs gut abgeschnitten. Andere zunächst "hoch gehandelte" Kandidaten wie Pierbattista Pizzaballa (Jerusalem), Matteo Zuppi (Bologna), Mario Grech (Synodensekretariat) oder Jean-Marc Aveline (Marseille) seien hingegen abgeschlagen im niedrigen zweistelligen oder gar im einstelligen Bereich gelandet.

Dolan als Königsmacher für Kardinal Prevost?

Bereits beim Abendessen am Mittwoch und in den Stunden danach sei dann weitere Zustimmung für Prevost mobilisiert worden. Hier habe insbesondere der New Yorker Kardinal Timothy Dolan eine wichtige Rolle gespielt. Er habe dafür gesorgt, dass auch unter den übrigen zum konservativen Lager gezählten Kardinälen Prevost als ein Kandidat gesehen wurde, der nicht nur die Kontinuität zu Franziskus (als Missionar unter den Armen in Peru) repräsentierte. Dolan selbst hatte, wie er selbst erzählte, Prevost noch bis zum Vorkonklave kaum gekannt. Doch als er dort mehrfach auf den Mann aus Chicago mit der langen missionarischen Tätigkeit in Peru angesprochen wurde, habe er sich eingehend über ihn informiert. Und was er dabei fand, hat ihn offenbar überzeugt. Unter Konservativen wurde nun der in moraltheologischen und kirchenrechtlichen Fragen ebenfalls eher konservative Prevost als Hoffnungsträger identifiziert: Er könnte dafür sorgen, dass der Vatikan nach dem zeitweise erratischen Regierungsstil von Papst Franziskus wieder zur Normalität in dogmatischen, liturgischen und kirchenrechtlichen Fragen zurückkehrt, so die Ansicht.

Kardinal Prevost bereits bei 2. Wahlgang bei Konklave vor Favorit Parolin

Eine solche Rückkehr war vor allem am letzten Tag des Vorkonklaves von mehreren Rednern vehement angemahnt worden. Klagen über die Unberechenbarkeit des verstorbenen Papstes und seine Neigung zu einsamen Entscheidungen ohne ausreichende vorherige Beratung hatten, wie es unter Teilnehmern hieß, fast schon zu einem posthumen "Franziskus-Bashing" geführt. Beim zweiten Wahlgang am Morgen des 8. Mai habe Prevost dann bereits mehr Stimmen als Parolin gehabt, sodass dieser klar zu verstehen gegeben habe, dass er sein "Stimmenpaket" auf Prevost übertragen wolle. Ähnlich habe der französische Kardinal Aveline reagiert. Im dritten Wahlgang seien Prevost dann weitere Stimmen, vor allem aus dem "Synodenlager" um Grech, sowie etliche Stimmen aus Afrika zugewachsen. Hier habe sich seine Zeit als Missionar in Peru sowie als Oberer des in Afrika sehr aktiven Augustinerordens ausgezahlt. Bereits beim dritten Wahlgang am Donnerstagmittag sei klar gewesen, dass Prevost beinahe uneinholbar vorne lag. Das war vermutlich der Punkt, an dem Prevost, wie Dolan später freimütig vor Journalisten erzählte, die Hände über dem Kopf zusammenschlug und begann, sich mit dem Unausweichlichen anzufreunden.

Mehr als 100 Stimmen bei Konnklave für Kardinal Prevost

In der Mittagspause begann er offenbar schon, auf einem College-Block seine erste Rede aufzuschreiben, die er später am Abend nach erfolgter Wahl überwiegend vom Blatt ablesen sollte. Im vierten und finalen Wahlgang am Nachmittag habe Prevost dann schließlich mehr als 100 Stimmen erhalten. Wie viel mehr als 100 es waren, darüber gehen die Spekulationen auseinander. Da etliche Kardinäle von einem "überraschend breiten" Konsens sprachen, vermuten manche Vaticanisti, dass es mehr als 110 gewesen sein müssen. Andere schließen aus dem verhalteneren Jubel ihrer Informanten auf "knapp über 100". So oder so hat Prevost die Mindestzahl für die Zweidrittelmehrheit klar überschritten, denn die lag bei 89.

(APA/Red)

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