Das Erzbistum München und Freising, das der heutige Papst Joseph Ratzinger in den 80er Jahren leitete, wies die Vorwürfe gegen das Kirchenoberhaupt erneut zurück. Auch Vatikansprecher Padre Federico Lombardi bezeichnete den Zeitungsbericht als “reine Spekulation”. Ratzinger habe damals nichts über die Wiedereinsetzung des belasteten Priesters gewusst.
Nach den Worten von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll der Runde Tisch zum Thema Kindesmissbrauch “keine parteipolitische Veranstaltung” werden. “Ich freue mich sehr, dass die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) die Aufgabe der Beauftragten der Bundesregierung hierzu übernommen hat”, sagte Merkel der “Passauer Neuen Presse” (Freitag). Beim Kindesmissbrauch sollten alle Seiten in erster Linie an die Opfer denken. Der CDU- Rechtspolitiker Günter Krings setzte sich für härtere Strafen und längere Verjährungsfristen ein. Das sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende der “Berliner Zeitung”.
Sigrid Grabmeier vom “Wir sind Kirche”-Bundesteam kritisierte, die katholische Kirche wolle nicht sehen, dass sie als Institution und öffentliche Körperschaft eine große Verantwortung habe. Die Initiative drängt zudem auf eine öffentliche Diskussion über das Zölibat. Außerdem müssten die Opfer in den Mittelpunkt gestellt, Prävention strukturell verankert werden.
Zur Verantwortung des Papstes sagte Hans Peter Hurka, Vorsitzender von “Wir sind Kirche” Österreich: “Wenn er Rücktritte fordert von Bischöfen und konsequent vorginge, dann müsste er das auch von sich selbst fordern.” Eine Rücktrittsforderung an den Papst stellt “Wir sind Kirche” Deutschland dagegen bisher nicht.
Laut “New York Times” wurde der damalige Kardinal Ratzinger Anfang der 1980er Jahre per Aktennotiz über die neuerliche Einsetzung des pädophilen Priesters in der Seelsorge informiert. Aus der Notiz geht laut “Times” weiter hervor, dass Ratzinger am 15. Jänner 1980 eine interne Besprechung leitete, bei der über die Versetzung des Priesters gesprochen worden sei. Die Existenz dieser Notiz sei von zwei Kirchenvertretern bestätigt worden, berichtete die US-Zeitung.
Die Erzdiözese München wies das scharf zurück. Der Beitrag enthalte keine Informationen, “die über das hinausgehen, was die Erzdiözese bislang über den Kenntnisstand des damaligen Erzbischofs über die Personalie mitgeteilt hat”. Das Bistum gehe nach wie vor davon aus, “dass der damalige Erzbischof die Entscheidung, den Priester wieder in der Pfarrseelsorge einzusetzen, nicht gekannt hat. Der Priester war ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen gekommen und hatte sich im Laufe von Jahrzehnten immer wieder an Kindern vergriffen. Trotzdem wurde er bis in die jüngste Vergangenheit in der Seelsorge eingesetzt.
Auch das Oberhaupt der Katholiken in England und Wales verteidigte den Papst. Er sei kein “untätiger Beobachter” gewesen, schrieb der Erzbischof von Westminster, Vincent Nichols, in der Zeitung “The Times” von Freitag. Er habe als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre Änderungen in der Kirche eingeführt, um Kinder besser zu schützen. Nichols reagierte damit auch auf neue Vorwürfe, wonach es der Vatikan in den 90er Jahren versäumt habe, gegen einen US-Priester vorzugehen, der bis zu 200 gehörlose Jugendliche missbraucht haben soll.
Im Mittelpunkt der neuen Vorwürfe aus den USA steht der 1998 gestorbene Priester Lawrence Murphy, der von 1950 bis 1974 in einer Schule für gehörlose Kinder gearbeitet hatte. 1996 habe Kardinal Ratzinger auf Briefe des damaligen Erzbischofs von Milwaukee, Rembert G. Weakland, nicht geantwortet, hatte die “New York Times” berichtet.
Der Orden der Legionäre Christi gab am Freitag den sexuellen Missbrauch an Seminaristen durch ihren Ordensgründer offiziell zu und entschuldigte sich bei den Opfern. “Wir drücken allen durch die Taten unseres Gründers Geschädigten unseren tiefsten Schmerz und unser Bedauern aus und bitten um Vergebung”, hieß es in einer in Rom veröffentlichten Erklärung des Ordens. Erst eine “vatikanische Untersuchung” habe die Taten ihres 2008 gestorbenen Gründers, Marcial Maciel Degollado, ans Licht gebracht, hieß es weiter.
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