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Papst Bendedikt zog klare Grenzen

Nach außen hin äußerst gelassen trat Kardinal Joseph Ratzinger vor zwei Jahren als Papst Benedikt XVI. die Nachfolge von Johannes Paul II. an. Die befürchtete Strenge im Amt blieb aus.

Entgegen mancher Befürchtung verpasste der konservative Theologe der katholischen Kirche keine „Kur der Strenge“. Als neuer Pontifex sandte der bisherige langjährige Präfekt der römischen Glaubenskongregation vielmehr versöhnende Signale aus. In jüngster Zeit ist der Ton aber schärfer geworden. Aus Sorge um die Werte der Kirche zieht der Papst, der am 16. April 80 Jahre alt wird und dessen Pontifikat am 19. April 2005 begann, klare Grenzen.

Gegen Abtreibung und eheliche Gemeinschaft von Homosexuellen bezieht der Papst Position. Auch Vorstöße, geschiedene Wiederverheiratete an den Sakramenten teilhaben zu lassen, passen nicht in das Bild der unauflöslichen christlichen Ehe. Besonders sauer stieß es dem Kirchenoberhaupt auf, als die italienische Regierung ein Gesetz vorschlug, das die Rechte von unverheirateten und gleichgeschlechtlichen Paaren stärken sollte. Der Vatikan protestierte und ermutigte die italienischen Bischöfe, gegen den Entwurf mobil zu machen. Als Einmischung in die Politik wurde die Kritik des Heiligen Stuhls von staatlicher Seite zurückgewiesen.

Keine objektiven Veränderungen

Die Stellungnahme des Papstes kam nach Ansicht des Kirchenhistorikers Giuseppe Alberigo aber nicht unerwartet. „Benedikt hat keine objektiven Veränderungen in seinen Positionen vorgenommen“, betont Alberigo. Neben der Familie und dem Schutz des ungeborenen Lebens liegen dem Papst seit jeher auch der Zölibat und der Zugang zum Priestertum ausschließlich für Männer sehr am Herzen.

Der Papst kämpfe gegen die Relativierung von Werten an, umriss jüngst Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone den Einsatz Benedikts. Die päpstliche Vision gelte einem Europa, das nicht nur eine wirtschaftliche und politische Wirklichkeit sein solle, sondern aus seinen spirituellen Wurzeln lebe. Auch zum 50. Geburtstag der Europäischen Union forderte der Papst eine Rückbesinnung auf die christlichen Fundamente. Europa müsse sich davor hüten, Kompromisse zu grundlegenden Werten einzugehen.

Etwa zeitgleich richtete sich der Blick nach Lateinamerika, wo gegen den Befreiungstheologen Jon Sobrino die erste Lehrbeanstandung im Pontifikat Benedikts verhängt wurde. Rom warf dem Jesuiten im Kern vor, das Wesen Christi in Bezug auf den Glauben an die Göttlichkeit des Erlösers zu verzerren.

Anerkennung von jüdischer Seite

An die Offenheit seines Vorgängers knüpfte der Papst beim Weltjugendtag in Köln an. Große Anerkennung nicht nur von jüdischer Seite fand er beim Besuch einer deutschen Synagoge. „Das war ein historisches Ereignis, noch spätere Generation werden sich dankbar daran erinnern“, sagte der damalige Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel.

Für einen Aufschrei in der islamischen Welt sorgte Benedikt XVI. hingegen im Herbst vergangenen Jahres, als er während seines Bayern-Besuchs den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos (1350-1425) unter anderem mit den Worten zitierte, der Prophet Mohammed habe „nur Schlechtes und Inhumanes“ gebracht, „wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“. Das führte in islamischen Ländern sogar zu Mordaufrufen gegen den Papst, der immer wieder betonte, dass der Inhalt des Zitats nicht seine eigene Meinung ausdrücke. Seine Türkei-Reise im November gab ihm die Chance, ein überzeugendes Zeichen der Versöhnung an die Muslime zu richten: In der Blauen Moschee von Istanbul verharrte Benedikt in stiller Andacht und beeindruckte selbst scharfe Kritiker. Die türkischen Zeitungen feierten den „Frieden von Istanbul“ und jubelten: „Der Papst erobert Herzen und Köpfe“.

Kardinal Roger Etchegaray verglich den Moschee-Besuch mit dem Gedenken von Johannes Paul II. an der Klagemauer in Jerusalem im Jahr 2000, als der Papst das tiefe Bedauern der Kirche über die Judenverfolgungen der vergangenen Jahrhunderte zum Ausdruck brachte. Benedikt habe sich den Muslimen in einer Weise genähert wie Johannes Paul den Juden, erklärte der Franzose Etchegaray. Auch bei seiner Mission zur Aussöhnung mit der orthodoxen Christenheit beließ es der Papst nicht bei Worten. Im Phanar in Istanbul begrüßte der einst so hölzern wirkende deutsche Gottesmann das Oberhaupt der Ostkirche, den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, mit einer Umarmung.

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