Die israelische Besatzungsmacht halte rund 100 feste Sperren in den okkupierten Territorien aufrecht und mache es mit ganz wenigen Ausnahmen den Palästinensern unmöglich, sich zwischen den beiden Gebietsteilen frei zu bewegen, erklärte Rocard am Dienstag in Ramallah. Eine israelische Panzergranate hat unterdessen in Beit Lahia im nördlichen Gaza-Streifen mindestens acht Palästinenser getötet, darunter vier Jugendliche. Der PLO-Vorsitzende und aussichtsreichste Präsidentschaftskandidat Mahmud Abbas verurteilte daraufhin Israel als zionistischen Feind.
Vor Tausenden von Anhängern verschärfte Abbas, der sich mehrfach für ein Ende des bewaffneten Aufstandes (Intifada) ausgesprochen hatte, auf einer Wahlkundgebung in Khan Yunis seine Kritik an der israelischen Regierung. Wir sind gekommen, um für unserer Märtyrer zu beten, die in Beit Lahia von den Granaten des zionistischen Feindes getötet wurden, sagte er.
Nach Darstellung der israelischen Armee war auf eine Gruppe militanter Palästinenser gefeuert worden, die zuvor Mörsergranaten auf eine israelische Siedlung geschossen hatte. Dabei waren zwei israelische Schüler leicht verletzt worden. Dagegen erklärten Palästinenser, es seien vor allem Kinder auf dem Schulweg und Landwirte getroffen worden. Palästinensische Ärzte im Kamal-Odwan-Krankenhaus im Norden des Gaza-Streifens sagten, vier der durch die Panzergranate Getöteten seien unter 17 Jahren. Vier Verletzte schwebten in Lebensgefahr. Die Ärzte bezeichneten den Angriff als Massaker. Der palästinensische Kabinettsminister Saeb Erekat verurteilte die militärische Eskalation seitens der Israelis und appellierte an die internationale Staatengemeinschaft, solche Angriffe zu stoppen.
Rocard erklärte in Ramallah, die Wahl des Nachfolgers des im November verstorbenen Präsidenten Yasser Arafat habe als demokratische Wahl unter ausländischer Okkupation im fünften Jahr der Intifada einen einzigartigen Charakter. Israel sei die Verpflichtung eingegangen, einen korrekten Ablauf des Urnengangs zu ermöglichen. Der sozialistische EU-Abgeordnete zeigte sich beeindruckt vom Demokratiebewusstsein der palästinensischen Bevölkerung, das in der starken Beteiligung an den jüngsten Gemeindewahlen seinen Ausdruck gefunden habe. Die demokratische Wahl des neuen Präsidenten werde diesem internationales Ansehen verleihen und seine Autorität festigen, betonte Rocard. Die EU hat insgesamt 260 Wahlbeobachter entsandt, auch die Schweiz, Norwegen und Kanada beteiligen sich an der EU-Mission. Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter leitet seinerseits eine 80-köpfige internationale Beobachtermission.
Abbas kann laut einer Umfrage mit 65 Prozent der Stimmen rechnen. Arafat war 1996 mit 87 Prozent der Stimmen zum Präsidenten gewählt worden. Die repräsentative Umfrage wurde vom Palästinensischen Zentrum für Politische Studien in Ramallah durchgeführt. 22 Prozent der Befragten wollen für den unabhängigen Kandidaten Mustafa Barghuti votieren. Die fünf übrigen verbliebenen Bewerber kommen zusammen auf knapp fünf Prozent der Wählerabsichten. Acht Prozent der Befragten gaben an, sie wären noch unentschlossen.
Die russische Regierung hofft, dass es nach der palästinensischen Präsidentenwahl zur Wiederbelebung des internationalen Friedens-Fahrplans (Roadmap) für den Nahen Osten kommt, den das so genannten Quartett (USA, UNO, EU, Russland) ausgearbeitet hat. Nach der Wahl müsse rasch ein substanzieller Dialog über konkrete Aktionen aufgenommen werden, um die Situation zu normalisieren und die Roadmap zu reaktivieren, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Kommuniqué des Außenministeriums in Moskau. Die Roadmap wurde 2002 verfasst und sieht einen souveränen palästinensischen Staat bis 2005 vor.
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