Gilani zeichnete ein dramatisches Bild von den Folgen der Flutkatastrophe in seinem Land. 20 Millionen Menschen seien von den Überschwemmungen betroffen, die Wassermassen hätten Lebensmittelvorräte und das Getreide auf den Feldern zunichtegemacht, sagte der Premierminister in seiner vom Fernsehen übertragenen Rede an die Nation. Für die nationale Wirtschaft bedeute dies einen “kolossalen Verlust”.
Berichte über neue Flutwellen gaben zusätzlich Anlass zur Sorge. Sie hätten den Indus in der südlichen Region Sindh am Samstag zum Ansteigen gebracht, sagte der Meteorologe Mohammed Ajmal Shad. Dadurch würden dort nahe gelegene Städte, Dörfer und Siedlungen bedroht. An einigen Stellen ist der Indus bereits 25 Kilometer breit, das ist 25 Mal mehr als während einer normalen Monsun-Saison.
Gilanis Regierung geriet durch einen Bericht der britischen Zeitung “Daily Telegraph” unter Druck. Das Blatt berichtete unter Berufung auf “ranghohe Vertreter”, dass nach dem schweren Erdbeben vor fünf Jahren in Pakistan umgerechnet 367 Millionen Euro an Hilfsgeldern veruntreut worden seien. Die Finanzmittel seien bis heute nicht in die Kassen der für den Wiederaufbau betrauten Behörde ERRA geflossen.
Der pakistanische Oppositionsführer Nawaz Sharif befürchtete, dass die Umwidmung der Hilfsgelder von 2005 nun die Spendenbereitschaft für die Opfer der Überschwemmungskatastrophe mindere. Viele Menschen seien nicht mehr so großzügig, weil sie sich nicht sicher seien, ob die Spenden “ehrlich” eingesetzt würden, sagte er der Zeitung.
Premierminister Gilani appellierte an seine Landsleute, in der “schlimmsten Katastrophe, der wir uns je stellen mussten, Mut zu beweisen”. Mögliche Epidemien in den überschwemmten Regionen könnten die Lage noch verschlimmern und seien eine “ernste Bedrohung” für die Überlebenden.
Indien stürzte mit einem Hilfsangebot den Erzfeind Pakistan in ein Dilemma. Die pakistanische Zeitung “Dawn” berichtete unter Berufung auf Regierungsquellen in Islamabad, das Angebot des Nachbarstaats sei nicht umgehend abgelehnt worden. Es werde demnächst entschieden, wie damit umzugehen sei. “Dawn” berichtete, der indische Außenminister S.M. Krishna habe seinem pakistanischen Amtskollegen Shah Mehmood Qureshi bei einem Telefonat fünf Millionen Dollar (3,91 Mio. Euro) Fluthilfe als “Geste der Solidarität mit dem pakistanischen Volk” angeboten. Die USA stellten 70 Millionen Dollar (54,7 Mio. Euro) an Hilfsgeldern zur Verfügung.
Die UNO bestätigte unterdessen einen Fall von Cholera im Swat-Tal im Nordwesten des Landes. Mindestens 36.000 Menschen leiden demnach an Durchfallerkrankungen, die ein Symptom für Cholera sein können. Die Organisation “Ärzte ohne Grenzen” sah aber noch keine Anzeichen für eine Cholera-Epidemie in den überfluteten Gebieten Pakistans. “In Pakistan gibt es immer wieder Fälle von Cholera. Derzeit haben wir aber keine alarmierenden Zahlen”, sagte der Präsident der deutschen Sektion der Hilfsorganisation, Tankred Stöbe. Entwarnung könne er aber nicht geben. “Die Situation ist unsicher, weil wir nicht wissen, wie es weiter geht.”
Bei den Überschwemmungen kamen im Nordwesten des Landes laut UNO bis zu 1.600 Menschen ums Leben. Zwei Millionen Pakistaner fanden in Notunterkünften Zuflucht. Insgesamt sechs Millionen Menschen sind zum Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen. Auch im Südwesten Pakistans herrschte Angst vor Hochwasser: Nach Regierungsangaben flüchteten 90 Prozent der 500.000 Einwohner aus der Stadt Jacobabad, die von Überschwemmungen bedroht war.
Der wegen seines Krisenmanagements kritisierte Präsident Asif Ali Zardari reiste am Samstag erneut in die Katastrophenregion. Er besuchte die nordwestpakistanische Stadt Nowshera, wo Soldaten aus Anlass des Unabhängigkeitstages Flaggen verteilten. Am Abend sollte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon in Pakistan eintreffen. Nach jüngsten Angaben aus Islamabad wollte er sich nach Gesprächen mit Regierungsvertretern noch am Samstag in die betroffenen Gebiete aufmachen.
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