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Österreich droht Rekord-Pleitenjahr 2024

Der Pleitegeier kreist über Österreich.
Der Pleitegeier kreist über Österreich. ©CANVA
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 sind die Firmeninsolvenzen auf ein Rekordhoch gestiegen.

Insgesamt wurden 2.098 Insolvenzen eröffnet, was einem Anstieg von 35,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht und den höchsten Wert seit 15 Jahren markiert, teilte der Alpenländische Kreditorenverband (AKV Europa) am Montag mit. Die Passiva haben sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sogar verneunfacht und belaufen sich auf 11,5 Milliarden Euro. Bereits 2023 war von großen Insolvenzen im Handel und der Immobilienbranche geprägt. Für 2024 prognostiziert der AKV rund 7.000 Insolvenzen.

Hauptursachen und betroffene Branchen

Ein wesentlicher Teil der Passiva im ersten Halbjahr entfiel auf Insolvenzen rund um den Signa-Gründer Rene Benko, seine Privatstiftung und die Signa-Gesellschaften. Bei diesen Verfahren wurden bisher nur ein Bruchteil der Forderungen anerkannt. Auch die Insolvenz der Österreich-Tochter des US-Elektroautobauers Fisker trug rund 1,5 Milliarden Euro zu den Passiva bei. In diesem Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung sind die anerkannten Passiva jedoch noch nicht endgültig festgelegt.

Trotz der steigenden Zahl der Insolvenzen blieb die Zahl der gefährdeten Arbeitsplätze mit 9.411 Beschäftigten konstant. Allerdings erhöhte sich auch die Zahl der Verfahrensabweisungen um 16,74 Prozent auf 1.311 Fälle. Der AKV zeigte sich darüber besorgt: "Diese Entwicklung zeigt weiterhin, dass bei zahlreichen, durch staatliche Unterstützungsmaßnahmen am Leben erhaltenen Unternehmen nicht einmal freies Vermögen von 4.000 Euro vorhanden ist, um die Kosten für ein formelles Insolvenzverfahren aufbringen zu können."

Gründe für die hohe Insolvenzrate

Die hohen Insolvenzzahlen werden hauptsächlich durch Konsum- und Investitionszurückhaltung verursacht, die vielen Unternehmen zu schaffen machen. Hohe Zinsen und eine fehlende Kreditnachfrage belasten zudem den Neubau. Besonders betroffen von der aktuellen wirtschaftlichen Lage waren der Handel mit 529 Insolvenzen, gefolgt vom Bau (493) und der Gastronomie mit 356 Anmeldungen.

Regionale Unterschiede und positive Entwicklungen

Es gab signifikante regionale Unterschiede bei den eröffneten Verfahren. In Vorarlberg stieg die Zahl der Insolvenzfälle um 110,34 Prozent, in Oberösterreich um 60,81 Prozent, im Burgenland um 60,78 Prozent und in Wien um 43,02 Prozent.

Positiv bewertet der AKV, dass der Anteil der Eigenanträge wieder zugenommen hat. Nachdem der Anteil der Gläubigeranträge einige Jahre lang gestiegen war, zeigt sich nun eine gegenteilige Entwicklung. Der Anteil der Eigenanträge stieg von 34,62 Prozent im Jahr 2022 auf 44,33 Prozent.

Im ersten Halbjahr 2024 wurden auch 1.577 Firmeninsolvenzen beendet. In 28,79 Prozent der Fälle wurde ein Sanierungsplan abgeschlossen, in 6,53 Prozent ein Zahlungsplan vereinbart. Bei rund einem Drittel der Verfahren wurden Entschuldungsvorschläge angenommen. Allerdings endeten 27,46 Prozent der Insolvenzen für die Gläubiger mit einem Totalausfall.

Ausblick und Prognosen

Angesichts der Prognosen des Wirtschaftsforums (Wifo) und des Instituts für höhere Studien (IHS), die nur ein BIP-Wachstum von 0,2 Prozent voraussagen, rechnet der AKV für 2024 mit insgesamt 7.000 Insolvenzen.

Entwicklung der Privatinsolvenzen

Erfreulicher ist die Entwicklung bei den Privatinsolvenzen: Mit 4.600 Verfahren wurden um 1,25 Prozent mehr eröffnet als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der abgewiesenen Anträge sank um 0,91 Prozent auf 434 Fälle. Insgesamt gab es im ersten Halbjahr mit 5.034 Verfahren nur einen Anstieg um rund ein Prozent.

In Burgenland, Oberösterreich, Kärnten und Vorarlberg mussten diesmal weniger Personen Insolvenz anmelden, während in den anderen Bundesländern ein Anstieg zu verzeichnen war. Die durchschnittliche Verschuldung sank von 136.200 auf 117.300 Euro. Allerdings steigt die Durchschnittsverschuldung mit dem Alter und ist eindeutig geschlechtsspezifisch: Frauen haben im Schnitt 85.200 Euro Schulden, während es bei Männern 137.500 Euro sind.

(VOL.AT)

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