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ORF-Chef Weißmann fordert strenge Regeln für Social Media

ORF-Chef Roland Weißmann fürchtet um die Meinungsfreiheit im Land
ORF-Chef Roland Weißmann fürchtet um die Meinungsfreiheit im Land ©APA/EVA MANHART
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann sieht die Meinungsfreiheit im Land bedroht. Konkret bereiten ihm von Social-Media-Plattformen eingesetzte Algorithmen und das "intransparente Sperren und Drosseln von journalistischen Inhalten" Sorge. Auch der ORF sei davon betroffen, sagte er bei einer ORF-Publikumsratssitzung. Für traditionelle Medienhäuser bestünden strenge Regeln, für Social Media sei das nicht der Fall, bemängelte er und forderte die Politik zum Handeln auf.

In den USA würden die algorithmusgesteuerten Plattformen bereits für eine gesellschaftliche Polarisierung sorgen. "Diesen Weg dürfen wir in Österreich nicht einschlagen", sagte Weißmann. ORF-Inhalte seien bereits mehrfach gesperrt worden - etwa ein Beitrag auf TikTok, der sich nach dem Amoklauf in einer Grazer Schule damit befasste, ob es strengere Regeln für Waffen braucht. Auch der Beitrag zu einer "Geheimoperation der Polizei gegen Neonazis" war von einer Sperrung ohne nachvollziehbare Begründung betroffen.

"Österreichische Qualitätsmedien wollen weiterhin Garanten für unabhängige Information sein. Die Mechanismen auf Social-Media-Plattformen konterkarieren das", monierte Weißmann. Damit Qualitätsinhalte weiterhin verbreitet werden und auch auffindbar sind, sucht der ORF den Schulterschluss mit Mitstreitern wie dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). Man befinde sich mit Medienpolitikerinnen und -politikern im Gespräch. Viel wichtiger sei jedoch, dass auf EU-Ebene gehandelt werde, so Weißmann.

Präsenz auf Social Media notwendig?

ORF-Publikumsrat und Medienwissenschafter Matthias Karmasin pflichtete dem ORF-Chef bei: Soziale Medien seien eine Gefahr für die liberale Demokratie. Er stellte daher in Frage, ob der ORF mit seinen Inhalten auf diesen Plattformen vertreten sein müsse. "Warum beschert man dem Todfeind auf dem Werbemarkt auch noch zusätzliche Reichweite?", fragte Karmasin.

Weißmann rechtfertigte die Präsenz auf Instagram, TikTok und Co. damit, dass man auf diesem Weg bereits drei Millionen Abonnentinnen und Abonnenten erreiche. "Wir müssen dort sein, wo junge Menschen sind, sonst erreichen wir sie gar nicht mehr", sagte er. Natürlich müsse man aber versuchen, sich dort mit den eigenen Angeboten vom Rest abzuheben.

Der ORF plant also keinen Rückzug, im Gegenteil sollen im Herbst vier neue ORF-Formate auf TikTok starten. Der Fokus liegt dabei auf den Themen Ernährung, Kultur, Sprache und Wissenschaftsvermittlung. Einen Fokus auf Medienkompetenzvermittlung legt der ORF dagegen im analogen Raum. Ab Oktober wird der "Faktenfreitag" im ORF abgehalten, wobei Schulklassen eingeladen werden, die sich mit Expertinnen und Experten intensiv mit Medienkompetenz und Social Media befassen sollen. Zudem werden Videos angefertigt, die Schulen zur Verfügung gestellt werden.

ORF ON-Nutzung im Aufwind

Weißmann hatte für die Publikumsräte auch Zahlen zur Nutzung von ORF ON im Gepäck. Die Plattform löste 2024 die ORF-TVThek ab und brachte es im 1. Halbjahr 2025 auf im Schnitt 486 Millionen Nutzungsminuten pro Monat. Dabei werden auch Videos auf ORF.at und ORF-Inhalte auf der Plattform Joyn eingerechnet. Der Wert liegt deutlich über jenem aus 2024 (387 Mio. Nutzungsminuten pro Monat). Damit liegt der ORF laut Angaben des öffentlich-rechtlichen Medienhauses vor den Sendern der ProSiebenSat.1Puls4-Gruppe auf Joyn, die es im 1. Halbjahr 2025 auf im Schnitt 284 Millionen Nutzungsminuten pro Monat brachten. ServusTV On verzeichnete im selben Zeitraum durchschnittlich 83 Millionen Nutzungsminuten pro Monat (inkl. Abrufe auf Joyn).

(APA)

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