Online-Kauf schwächelt: Wiener kaufen wieder vor Ort

Der Onlinehandel in Wien verzeichnet erstmals seit Jahren einen spürbaren Rückgang. Laut einer aktuellen Studie des Instituts für Österreichs Wirtschaft im Auftrag der Wirtschaftskammer Wien ist der Anteil jener Personen, die regelmäßig online einkaufen, von 74 Prozent im Jahr 2023 auf nunmehr 68 Prozent gesunken – ein Niveau, das zuletzt 2022 erreicht wurde.
"Corona-Boom" im Onlinehandel ist für Wiener endgültig vorbei
Auch das Ausgabenvolumen hat abgenommen: Die Wiener Bevölkerung gab im vergangenen Jahr 1,96 Milliarden Euro im Onlinehandel aus. Das liegt deutlich unter dem pandemiebedingten Höchststand von 2,3 Milliarden Euro im Jahr 2021 und auch unter dem Vorjahreswert von 2,0 Milliarden Euro.
"Das digitale Kaufverhalten normalisiert sich nach dem Corona-Boom", sagt Margarete Gumprecht, Obfrau der Sparte Handel in der Wirtschaftskammer Wien. "Wiens Onlineausgaben im Einzelhandel sind 2024 so niedrig wie zuletzt vor vier Jahren."
Persönliches Erleben und Einkaufen mit Sinnen im Fokus
Der Rückgang zeigt sich auch beim Anteil des Onlinehandels am gesamten Einzelhandelsvolumen. Dieser ist von 10,9 Prozent (2023) auf aktuell 10,4 Prozent gefallen – weit entfernt vom Höchstwert von 13,6 Prozent während der Pandemie.
"Das heißt aber auch, dass die restlichen Anteile auf den stationären Einzelhandel fallen", erklärt Gumprecht. Sie sieht im physischen Einkaufserlebnis eine bleibende Stärke: "Die Menschen schätzen das persönliche Beratungsgespräch, möchten Produkte berühren, sehen oder riechen und sich direkt vor Ort von der Qualität überzeugen."
Hybride Einkaufsmodelle etablieren sich in Österreich
Die Zukunft des Handels liegt laut Gumprecht in der Kombination aus Online- und Offline-Angeboten. Kunden entscheiden je nach Situation, ob sie online oder vor Ort einkaufen. Für Händler bedeute das, ihre Angebote über alle Kanäle hinweg verfügbar zu machen – mit digitalen Services wie Click & Collect oder virtueller Beratung.
In bestimmten Warengruppen bleibt der Online-Kanal stark: 45 Prozent der Wiener kaufen Kleidung und Accessoires online, rund 22 Prozent Möbel oder Bücher. Kosmetik, Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel erreichen jeweils 21 Prozent, während 19 Prozent der Befragten auch Lebensmittel online bestellen.
Wenn online, dann im Ausland: Amazon und Temu als Bedrohung für heimischen Handel
Ein wachsendes Problem sieht die Wiener Handelsobfrau im abfließenden Umsatz: 65 Prozent der Onlineausgaben entfallen auf ausländische Anbieter. Nur ein Drittel verbleibt bei heimischen Onlinehändlern. Amazon bleibt Marktführer mit 57 Prozent, doch asiatische Plattformen wie Temu (31 Prozent), Shein (20 Prozent), AliExpress (13 Prozent) und Wish (10 Prozent) gewinnen an Boden – insbesondere bei günstigen Lifestyle-Produkten und Haushaltsartikeln.
Forderung nach fairen Regeln im internationalen Wettbewerb
Die Wirtschaftskammer Wien kritisiert ungleiche Wettbewerbsbedingungen. Gumprecht fordert die Abschaffung der EU-Zollfreigrenze von 150 Euro, von der Anbieter wie Temu und Shein derzeit profitieren: "Immer mehr Bestellungen erfolgen direkt und wettbewerbsverzerrend aus China."
Zudem spricht sich Gumprecht für stärkere Marktüberwachung, einheitliche Produktsicherheitsstandards und Berichtspflichten für ausländische Online-Marktplätze aus. Nur so könne ein fairer Wettbewerb sichergestellt und der heimische Handel langfristig gestärkt werden.
(Red)
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