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ÖGK startet 2020 mit erwartetem Defizit von 175 Millionen

Die Österreichische Gesundheitskasse startet im Jänner
Die Österreichische Gesundheitskasse startet im Jänner ©APA
Die neue Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) startet gleich mit einem satten finanziellen Minus.

Laut der am Dienstagabend im Überleitungsausschuss vorgelegten Vorschauberechnung wird für 2020 ein Defizit von knapp 175 Millionen Euro erwartet. Das entspricht rund 1,1 Prozent der Gesamtausgaben.

Die ÖGK-Vorschaurechnung für 2020 beruht auf den Ansätzen der neun Gebietskrankenkassen, die übernommen wurden und noch keine positiven Effekte der Fusion vorsehen, erklärte die ÖGK in einer Aussendung. "Der Rucksack, den die ÖGK übernimmt, ist enorm, aber wir werden aus der Stärke heraus die Chance nutzen, das Ruder herumzureißen", sagte der Vorsitzende des künftigen Verwaltungsrates, Matthias Krenn.

15,3 Milliarden Euro für Gesundheitsleistungen

Die neun Gebietskrankenkassen, die nun in der ÖGK aufgehen, hatten zuletzt bessere Ergebnisse erzielt, wenngleich die Tendenz auch schon nach unten ging. So haben alle Krankenkassen insgesamt im Jahr 2018 noch einen Überschuss von 111 Millionen Euro erzielt. Für 2019 wurde nach der letzten Prognose vom 15. November mit einem Defizit von 68 Millionen gerechnet.

Für die rund 7,2 Millionen Versicherten der ÖGK sind für 2020 Gesundheitsleistungen von fast 15,3 Milliarden Euro vorgesehen. Größte Leistungsposition ist die Spitalsfinanzierung für stationäre Behandlungen mit fast 4,5 Milliarden Euro. Dem stehen rund elf Millionen Spitalstage bzw. 1,8 Millionen Spitalsaufenthalte für ÖGK-Versicherte gegenüber. Für "Ärztliche Hilfe und gleichgestellte Leistungen" sind rund 3,9 Milliarden Euro veranschlagt. Enthalten sind hier neben den Honoraren für Vertragsärzte auch die verschiedenen Therapeutengruppen und vor allem die Spitalambulanzen. Insgesamt werden hier rund 97 Millionen Kontakte bei Vertragsärzten und Ambulatorien, 1,7 Millionen Therapeutenbehandlungen und 14 Millionen an Ambulanzbesuchen finanziert.

Knapp über drei Milliarden Euro sind für Medikamentenausgaben vorgesehen, was rund 88 Millionen Verordnungen entspricht. Weitere größere Leistungspositionen sind Zahnbehandlung und Zahnersatz (ca. 880 Millionen Euro) und das Krankengeld (ebenfalls knapp 880 Millionen Euro). Für Gesundheitsförderung und Vorsorge sind gut 200 Millionen Euro geplant. Der Verwaltungsaufwand wird, wie schon bei den Gebietskrankenkassen, bei sehr niedrigen 2,1 Prozent der Gesamtausgaben liegen.

FPÖ zeigt sich erfreut

Die FPÖ zeigte sich am Mittwoch über die am Vortag abgesegneten Weichenstellungen für einen Betriebsstart der ÖGK am 1. Jänner 2020 erfreit. "Dieser Startschuss für die Reform der Sozialversicherungen wird in Zukunft viele Erleichterungen und Verbesserungen für unsere Versicherten bringen", freute sich der freiheitliche Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak.

"Das Leistungsvolumen von 15,3 Milliarden Euro für etwa 7,2 Millionen Versicherte ist beachtlich, wobei der Leistungsaufwand für die Verwaltung bei nur 2,1 Prozent liegen wird, davon entfällt aber der größte Teil in die Patienten-Administration", so Kaniak. "Für Patienten wird sich auch vieles zum Guten verändern, so werden viele wichtige aber auch teure Untersuchungen wie CT und MRT bundesweit entbürokratisiert und harmonisiert. Weitere beachtenswerte Neuerungen sind etwa, das Krankengeld, das ab nun 78 Wochen lang ausgezahlt werden kann, die Abschaffung des Selbstbehaltes bei Krankentransporten und des Eigenkostenanteils bei orthopädischen Kinder-Maßschuhen und vieles mehr", erklärte Kaniak.

Kritik von der SPÖ

Weniger begeistert zeigte sich SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher am Mittwoch von der neuen ÖGK. "Die Kassenfusion stolpert von Beginn an von einer Panne in die nächste", kritisierte er in einer Aussendung. "Außer enormen Kosten für Logos, Beraterverträge und Werbung, einem Defizit und drohenden Verschärfungen und Verschlechterungen für die PatientInnen gibt es wenig Positives zu vermelden", sagte er.

Die Krankenkassen wurden 2007 von der SPÖ-geführten Regierung mit einer Milliarde Euro Defizit von Schwarz-Blau übernommen, wurden in SPÖ-Regierungsverantwortung saniert und 2017 mit einem Reinvermögen von rund einer Milliarde Euro wiederum an eine schwarz-blaue Regierung übergeben, skizzierte Kucher. "Innerhalb von zwei Jahren hat die Ibiza-Koalition ein Defizit von 175 Millionen aufgebaut", kritisierte er.

Kucher vermutet, dass in der neuen ÖGK die Wirtschaft das Sagen hat. Das habe sich in der Sitzung des Überleitungsausschusses am Dienstag gezeigt: Die Arbeitnehmervertreter wollten den Passus, dass Erkrankte die Kontrollore in die Wohnung lassen müssen, aus der Krankenordnung streichen lassen.

Die Vertreter der Unternehmen waren allerdings dagegen, berichtete Kucher. "Ich spreche mich vehement gegen solche Spitzelmethoden aus, die gehören sofort gestrichen. Es kann nicht sein, dass Kontrollore der Kassen mehr Rechte als die Polizei haben", sagte der SPÖ-Gesundheitssprecher.

"Keine Verschlechterungen"

Die Gewerkschafter selbst sehen das anders. "Im Überleitungsausschuss der ÖGK wurde auf Druck der Gewerkschaften beschlossen, dass es vorerst keine Verschlechterungen bei den Krankenständen für die Versicherten der ÖGK gibt", hieß es am Mittwoch in einer Aussendung der Gewerkschaft Bau-Holz.

Außerdem sei vereinbart worden, dass die betriebliche Gesundheitsförderung verbessert werden soll und dass schwerkranke Menschen besser betreut werden, damit sie früher wieder fit für das Arbeitsleben werden, freute sich ÖGK-Arbeitnehmer-Obmann Andreas Huss.

(APA)

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